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Reineke Fuchs - Goethe Johann Wolfgang - Страница 23
An die Wange sich schmiegen und stie? ihm einige Beulen.
Angstlich entsprang ihm der Herr und rief. O! fangt mir den Esel,
Schlagt ihn tot! Es kamen die Knechte, da regnet' es Prugel,
Nach dem Stalle trieb man ihn fort: da blieb er ein Esel.
Mancher findet sich noch von seinem Geschlechte, der andern
Ihre Wohlfahrt mi?gonnt und sich nicht besser befindet.
Kommt dann aber einmal so einer in reichlichen Zustand,
Schickt sichs grad, als a?e das Schwein mit Loffeln die Suppe,
Nicht viel besser furwahr. Der Esel trage die Sacke,
Habe Stroh zum Lager und finde Disteln zur Nahrung.
Will man ihn anders behandeln, so bleibt es doch immer beim alten.
Wo ein Esel zur Herrschaft gelangt, kanns wenig gedeihen,
Ihren Vorteil suchen sie wohl, was kummert sie weiter?
Ferner sollt Ihr erfahren, mein Konig, und la?t Euch die Rede
Nicht verdrie?en, es stand noch auf dem Rahmen des Spiegels
Schon gebildet und deutlich beschrieben, wie ehmals mein Vater
Sich mit Hinzen verbundet, auf Abenteuer zu ziehen,
Und wie beide heilig geschworen, in allen Gefahren
Tapfer zusammenzuhalten und jede Beute zu teilen.
Als sie nun vorwartszogen, bemerkten sie Jager und Hunde
Nicht gar ferne vom Wege; da sagte Hinze, der Kater:
Guter Rat scheint teuer zu werden! Mein Alter versetzte:
Wunderlich sieht es wohl aus, doch hab ich mit herrlichem Rate
Meinen Sack noch gefullt, und wir gedenken des Eides,
Halten wacker zusammen, das bleibt vor allem das erste.
Hinze sagte dagegen: Es gehe, wie es auch wolle,
Bleibt mir doch ein Mittel bekannt, das denk ich zu brauchen.
Und so sprang er behend auf einen Baum, sich zu retten
Vor der Hunde Gewalt, und so verlie? er den Oheim.
Angstlich stand mein Vater nun da; es kamen die Jager.
Hinze sprach: Nun, Oheim? Wie stehts? so offnet den Sack doch!
Ist er voll Rates, so braucht ihn doch jetzt, die Zeit ist gekommen.
Und die Jager bliesen das Horn und riefen einander.
Lief mein Vater, so liefen die Hunde, sie folgten mit Bellen,
Und er schwitzte vor Angst, und haufige Losung entfiel ihm;
Leichter fand er sich da, und so entging er den Feinden.
Schandlich, Ihr habt es gehort, verriet ihn der nachste Verwandte,
Dem er sich doch am meisten vertraut. Es ging ihm ans Leben,
Denn die Hunde waren zu schnell, und hatt er nicht eilig
Einer Hohle sich wieder erinnert, so war es geschehen;
Aber da schlupft' er hinein, und ihn verloren die Feinde.
Solcher Bursche gibt es noch viel, wie Hinze sich damals
Gegen den Vater bewies: wie sollt ich ihn lieben und ehren?
Halb zwar hab ichs vergeben, doch bleibt noch etwas zurucke.
All dies war auf dem Spiegel geschnitten mit Bildern und Worten.
Ferner sah man daselbst ein eignes Stuckchen vom Wolfe,
Wie er zu danken bereit ist fur Gutes, das er empfangen.
Auf dem Anger fand er ein Pferd, woran nur die Knochen
Ubrig waren; doch hungert' ihn sehr, er nagte sie gierig,
Und es kam ihm ein spitziges Bein die Quer in den Kragen;
Angstlich stellt' er sich an, es war ihm ubel geraten.
Boten auf Boten sendet' er fort, die Arzte zu rufen;
Niemand vermochte zu helfen, wiewohl er gro?e Belohnung
Allen geboten. Da meldete sich am Ende der Kranich,
Mit dem roten Barett auf dem Haupt. Ihm flehte der Kranke:
Doktor, helft mir geschwind von diesen Noten! ich geb Euch,
Bringt Ihr den Knochen heraus, soviel Ihr immer begehret.
Also glaubte der Kranich den Worten und steckte den Schnabel
Mit dem Haupt in den Rachen des Wolfes und holte den Knochen.
Weh mir! heulte der Wolf: du tust mir Schaden! es schmerzet!
La? es nicht wieder geschehn! Fur heute sei es vergeben.
War es ein andrer, ich hatte das nicht geduldig gelitten.
Gebt Euch zufrieden, versetzte der Kranich: Ihr seid nun genesen;
Gebt mir den Lohn, ich hab ihn verdient, ich hab Euch geholfen.
Horet den Gecken! sagte der Wolf. ich habe das Ubel,
Er verlangt die Belohnung und hat die Gnade vergessen,
Die ich ihm eben erwies. Hab ich ihm Schnabel und Schadel,
Den ich im Munde gefuhlt, nicht unbeschadigt entlassen?
Hat mir der Schaker nicht Schmerzen gemacht? Ich konnte wahrhaftig,
Ist von Belohnung die Rede, sie selbst am ersten verlangen.
Also pflegen die Schalke mit ihren Knechten zu handeln.
Diese Geschichten und mehr verzierten, kunstlich geschnitten,
Rings die Fassung des Spiegels und mancher gegrabene Zierat,
Manche goldene Schrift. Ich hielt des kostlichen Kleinods
Mich nicht wert, ich bin zu gering, und sandt es deswegen
Meiner Frauen, der Konigin, zu. Ich dachte durch solches
Ihr und ihrem Gemahl mich ehrerbietig zu zeigen.
Meine Kinder betrubten sich sehr, die artigen Knaben,
Als ich den Spiegel dahingab. Sie sprangen gewohnlich und spielten
Vor dem Glase, beschauten sich gern, sie sahen die Schwanzchen
Hangen vom Rucken herab und lachten den eigenen Maulchen.
Leider vermutet ich nicht den Tod des ehrlichen Lampe,
Da ich ihm und Bellyn auf Treu und Glauben die Schatze
Heilig empfahl; ich hielt sie beide fur redliche Leute,
Keine besseren Freunde gedacht ich jemals zu haben.
Wehe sei uber den Morder gerufen! Ich will es erfahren,
Wer die Schatze verborgen, es bleibt kein Morder verhohlen.
Wu?te doch ein und andrer vielleicht im Kreis hier zu sagen,
Wo die Schatze geblieben und wie man Lampen getotet!
Seht, mein gnadiger Konig, es kommen taglich so viele
Wichtige Sachen vor Euch, Ihr konnt nicht alles behalten;
Doch vielleicht gedenket Ihr noch des herrlichen Dienstes,
Den mein Vater dem Euren an dieser Statte bewiesen.
Krank lag Euer Vater, sein Leben rettete meiner,
Und doch sagt Ihr, ich habe noch nie, es habe mein Vater
Euch nichts Gutes erzeigt. Beliebt, mich weiter zu horen.
Sei es mit Eurer Erlaubnis gesagt: es fand sich am Hofe
Eures Vaters der meine bei gro?en Wurden und Ehren
Als erfahrener Arzt. Er wu?te das Wasser des Kranken
Klug zu besehn; er half der Natur; was immer den Augen,
Was den edelsten Gliedern gebrach, gelang ihm zu heilen;
Kannte wohl die emetischen Krafte, verstand auch daneben
Auf die Zahne sich gut und holte die schmerzenden spielend.
Gerne glaub ich, Ihr habt es vergessen; es ware kein Wunder,
Denn drei Jahre hattet Ihr nur. Es legte sich damals
Euer Vater im Winter mit gro?en Schmerzen zu Bette,
Ja, man mu?t ihn heben und tragen. Da lie? er die Arzte
Zwischen hier und Rom zusammenberufen, und alle
Gaben ihn auf; er schickte zuletzt, man holte den Alten;
Dieser horte die Not und sah die gefahrliche Krankheit.
Meinen Vater jammert' es sehr, er sagte: Mein Konig,
Gnadiger Herr, ich setzte, wie gern! mein eigenes Leben,
Konnt ich Euch retten, daran! Doch la?t im Glase mich Euer
Wasser besehn. Der Konig befolgte die Worte des Vaters,
Aber klagte dabei, es werde je langer, je schlimmer.
Auf dem Spiegel war es gebildet, wie glucklich zur Stunde
Euer Vater genesen. Denn meiner sagte bedachtig:
Wenn Ihr Gesundheit verlangt, entschlie?t Euch ohne Versaumnis,
Eines Wolfes Leber zu speisen, doch sollte derselbe
Sieben Jahre zum wenigsten haben; die mu?t Ihr verzehren.
Sparen durft Ihr mir nicht, denn Euer Leben betrifft es.
Euer Wasser zeuget nur Blut, entschlie?t Euch geschwinde!
In dem Kreise befand sich der Wolf und hort' es nicht gerne.
Euer Vater sagte darauf. Ihr habt es vernommen,
Horet, Herr Wolf, Ihr werdet mir nicht zu meiner Genesung
Eure Leber verweigern. Der Wolf versetzte dagegen:
Nicht funf Jahre bin ich geboren! was kann sie Euch nutzen?
Eitles Geschwatz! versetzte mein Vater: es soll uns nicht hindern,
An der Leber seh ich das gleich. Es mu?te zur Stelle
Nach der Kuche der Wolf, und brauchbar fand sich die Leber.
Euer Vater verzehrte sie stracks. Zur selbigen Stunde
War er von aller Krankheit befreit und allen Gebrechen.
Meinem Vater dankt' er genug, es mu?t ihn ein jeder
Doktor hei?en am Hofe, man durft es niemals vergessen.
Also ging mein Vater bestandig dem Konig zur Rechten.
Euer Vater verehrt' ihm hernach, ich wei? es am besten,
Eine goldene Spange mit einem roten Barette,
Sie vor allen Herren zu tragen; so haben ihn alle
Hoch in Ehren gehalten. Es hat sich aber mit seinem
Sohne leider geandert, und an die Tugend des Vaters
Wird nicht weiter gedacht. Die allergierigsten Schalke
Werden erhoben, und Nutz und Gewinn bedenkt man alleine,
Recht und Weisheit stehen zuruck. Es werden die Diener
Gro?e Herren, das mu? der Arme gewohnlich entgelten.
Hat ein solcher Macht und Gewalt, so schlagt er nur blindlings
Unter die Leute, gedenket nicht mehr, woher er gekommen;
Seinen Vorteil gedenkt er aus allem Spiele zu nehmen.
Um die Gro?en finden sich viele von diesem Gelichter.
Keine Bitte horen sie je, wozu nicht die Gabe
Gleich sich reichlich gesellt, und wenn sie die Leute bescheiden,
Hei?t es: Bringt nur! und bringt! zum ersten, zweiten und dritten.
Solche gierige Wolfe behalten kostliche Bissen
Gerne fur sich, und war es zu tun, mit kleinem Verluste
Ihres Herren Leben zu retten, sie trugen Bedenken.
Wollte der Wolf doch die Leber nicht lassen, dem Konig zu dienen!
Und was Leber! Ich sag es heraus! Es mochten auch zwanzig
Wolfe das Leben verlieren, behielte der Konig und seine
Teure Gemahlin das ihre, so war es weniger schade.
Denn ein schlechter Same, was kann er Gutes erzeugen?
Was in Eurer Jugend geschah, Ihr habt es vergessen;
Aber ich wei? es genau, als war es gestern geschehen.
Auf dem Spiegel stand die Geschichte, so wollt es mein Vater;
Edelsteine zierten das Werk und goldene Ranken.
Konnt ich den Spiegel erfragen, ich wagte Vermogen und Leben.
Reineke, sagte der Konig: die Rede hab ich verstanden,
Habe die Worte gehort, und was du alles erzahltest.
War dein Vater so gro? hier am Hofe und hat er so viele
Nutzliche Taten getan, das mag wohl lange schon her sein.
Ich erinnre michs nicht, auch hat mirs niemand berichtet.
Eure Handel dagegen, die kommen mir ofters zu Ohren,
Immer seid Ihr im Spiele, so hor ich wenigstens sagen;
Tun sie Euch unrecht damit, und sind es alte Geschichten,
Mocht ich einmal was Gutes vernehmen; es findet sich selten.
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