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Reineke Fuchs - Goethe Johann Wolfgang - Страница 12
Sechster Gesang
So gelangte Reineke wieder zur Gnade des Konigs.
Und es trat der Konig hervor auf erhabene Statte,
Sprach vom Steine herab und hie? die samtlichen Tiere
Stille schweigen; sie sollten ins Gras nach Stand und Geburt sich
Niederlassen. Und Reineke stand an der Konigin Seite;
Aber der Konig begann mit gro?em Bedachte zu sprechen:
Schweiget und horet mich an, zusammen Vogel und Tiere,
Arm' und Reiche, horet mich an, ihr Gro?en und Kleinen,
Meine Baronen und meine Genossen des Hofes und Hauses!
Reineke steht hier in meiner Gewalt; man dachte vor kurzem,
Ihn zu hangen, doch hat er bei Hofe so manches Geheimnis
Dargetan, da? ich ihm glaube und wohlbedachtlich die Huld ihm
Wieder schenke. So hat auch die Konigin, meine Gemahlin,
Sehr gebeten fur ihn, so da? ich ihm gunstig geworden,
Mich ihm vollig versohnet und Leib und Leben und Guter
Frei ihm gegeben. Es schutzt ihn fortan und schirmt ihn mein Friede;
Nun sei allen zusammen bei Leibesleben geboten:
Reineken sollt ihr uberall ehren mit Weib und mit Kindern,
Wo sie euch immer bei Tag oder Nacht kunftig begegnen.
Ferner hor ich von Reinekens Dingen nicht weitere Klage;
Hat er Ubels getan, so ist es voruber; er wird sich
Bessern und tut es gewi?. Denn morgen wird er beizeiten
Stab und Ranzel ergreifen, als frommer Pilger nach Rom gehn
Und von dannen uber das Meer; auch kommt er nicht wieder,
Bis er vollkommenen Abla? der sundigen Taten erlangt hat.
Hinze wandte sich drauf zu Braun und Isegrim zornig:
Nun ist Muhe und Arbeit verloren! so rief er: o war ich
Weit von hier! Ist Reineke wieder zu Gnaden gekommen,
Braucht er jegliche Kunst, uns alle drei zu verderben.
Um ein Auge bin ich gebracht, ich furchte furs andre!
Guter Rat ist teuer, versetzte der Braune: das seh ich.
Isegrim sagte dagegen: Das Ding ist seltsam! wir wollen
Grad zum Konige gehn. Er trat verdrie?lich mit Braunen
Gleich vor Konig und Konigin auf, sie redeten vieles
Wider Reineken, redeten heftig; da sagte der Konig:
Hortet Ihrs nicht? Ich hab ihn aufs neue zu Gnaden empfangen.
Zornig sagt' es der Konig und lie? im Augenblick beide
Fahen, binden und schlie?en; denn er gedachte der Worte,
Die er von Reineken hatte vernommen, und ihres Verrates.
So veranderte sich in dieser Stunde die Sache
Reinekens vollig. Er machte sich los, und seine Verklager
Wurden zuschanden; er wu?te sogar es tuckisch zu lenken,
Da? man dem Baren ein Stuck von seinem Felle herabzog,
Fu?lang, fu?breit, da? auf die Reise daraus ihm ein Ranzel
Fertig wurde; so schien zum Pilger ihm wenig zu fehlen.
Aber die Konigin bat er, auch Schuh ihm zu schaffen, und sagte:
Ihr erkennt mich, gnadige Frau, nun einmal fur Euren
Pilger; helfet mir nun, da? ich die Reise vollbringe.
Isegrim hat vier tuchtige Schuhe, da war es wohl billig,
Da? er ein Paar mir davon zu meinem Wege verlie?e;
Schafft mir sie, gnadige Frau, durch meinen Herren, den Konig.
Auch entbehrte Frau Gieremund wohl ein Paar von den ihren,
Denn als Hausfrau bleibt sie doch meist in ihrem Gemache.
Diese Forderung fand die Konigin billig. Sie konnen
Jedes wahrlich ein Paar entbehren! sagte sie gnadig.
Reineke dankte darauf und sagte mit freudiger Beugung:
Krieg ich doch nun vier tuchtige Schuhe, da will ich nicht zaudern.
Alles Guten, was ich sofort als Pilger vollbringe,
Werdet Ihr teilhaft gewi?, Ihr und mein gnadiger Konig.
Auf der Wallfahrt sind wir verpflichtet, fur alle zu beten,
Die uns irgend geholfen. Es lohne Gott Euch die Milde!
An den vorderen Fu?en verlor Herr Isegrim also
Seine Schuhe bis an die Knorren; desgleichen verschonte
Man Frau Gieremund nicht, sie mu?te die hintersten lassen.
So verloren sie beide die Haut und Klauen der Fu?e,
Lagen erbarmlich mit Braunen zusammen und dachten zu sterben;
Aber der Heuchler hatte die Schuh und das Ranzel gewonnen,
Trat herzu und spottete noch besonders der Wolfin:
Liebe, Gute! sagt' er zu ihr: da sehet, wie zierlich
Eure Schuhe mir stehn, ich hoffe, sie sollen auch dauern.
Manche Muhe gabt Ihr Euch schon zu meinem Verderben,
Aber ich habe mich wieder bemuht; es ist mir gelungen.
Habt Ihr Freude gehabt, so kommt nun endlich die Reihe
Wieder an mich; so pflegt es zu gehn, man wei? sich zu fassen.
Wenn ich nun reise, so kann ich mich taglich der lieben Verwandten
Dankbar erinnern; Ihr habt mir die Schuhe gefallig gegeben,
Und es soll Euch nicht reuen; was ich an Abla? verdiene,
Teil ich mit Euch, ich hol ihn zu Rom und uber dem Meere.
Und Frau Gieremund lag in gro?en Schmerzen, sie konnte
Fast nicht reden, doch griff sie sich an und sagte mit Seufzen:
Unsre Sunden zu strafen, la?t Gott Euch alles gelingen.
Aber Isegrim lag und schwieg mit Braunen zusammen;
Beide waren elend genug, gebunden, verwundet
Und vom Feinde verspottet. Es fehlte Hinze, der Kater;
Reineke wunschte so sehr, auch ihm das Wasser zu warmen.
Nun beschaftigte sich der Heuchler am anderen Morgen,
Gleich die Schuhe zu schmieren, die seine Verwandten verloren,
Eilte, dem Konige noch sich vorzustellen, und sagte:
Euer Knecht ist bereit, den heiligen Weg zu betreten;
Eurem Priester werdet Ihr nun in Gnaden befehlen,
Da? er mich segne, damit ich von hinnen mit Zuversicht scheide,
Da? mein Ausgang und Eingang gebenedeit sei! So sprach er.
Und es hatte der Konig den Widder zu seinem Kaplane;
Alle geistlichen Dinge besorgt er, es braucht ihn der Konig
Auch zum Schreiber, man nennt ihn Bellyn. Da lie? er ihn rufen,
Sagte: Leset sogleich mir etliche heilige Worte
Uber Reineken hier, ihn auf die Reise zu segnen,
Die er vorhat; er gehet nach Rom und uber das Wasser.
Hanget das Ranzel ihm um und gebt ihm den Stab in die Hande.
Und es erwiderte drauf Bellyn: Herr Konig, Ihr habet,
Glaub ich, vernommen, da? Reineke noch vom Banne nicht los ist.
Ubels wurd ich deswegen von meinem Bischof erdulden,
Der es leichtlich erfahrt und mich zu strafen Gewalt hat.
Aber ich tue Reineken selbst nichts Grades noch Krummes.
Konnte man freilich die Sache vermitteln, und sollt es kein Vorwurf
Mir beim Bischof, Herrn Ohnegrund, werden, zurnte nicht etwa
Mir daruber der Propst, Herr Losefund, oder der Dechant
Rapiamus, ich segnet ihn gern nach Eurem Befehle.
Und der Konig versetzte: Was soll das Reimen und Reden?
Viele Worte la?t Ihr uns horen und wenig dahinter.
Leset Ihr uber Reineke mir nicht Grades noch Krummes,
Frag ich den Teufel darnach! Was geht mich der Bischof im Dom an?
Reineke macht die Wallfahrt nach Rom, und wollt Ihr das hindern?
Angstlich kraute Bellyn sich hinter den Ohren; er scheute
Seines Koniges Zorn und fing sogleich aus dem Buch an
Uber den Pilger zu lesen, doch dieser achtet' es wenig.
Was es mochte, half es denn auch; das kann man sich denken.
Und nun war der Segen gelesen, da gab man ihm weiter
Ranzel und Stab, der Pilger war fertig; so log er die Wallfahrt.
Falsche Tranen liefen dem Schelmen die Wangen herunter
Und benetzten den Bart, als fuhlt' er die schmerzlichste Reue.
Freilich schmerzt' es ihn auch, da? er nicht alle zusammen,
Wie sie waren, ins Ungluck gebracht und drei nur geschandet.
Doch er stand und bat, sie mochten alle getreulich
Fur ihn beten, so gut sie vermochten. Er machte nun Anstalt,
Fortzueilen, er fuhlte sich schuldig und hatte zu furchten.
Reineke, sagte der Konig: Ihr seid mir so eilig! Warum das? -
Wer was Gutes beginnt, soll niemals weilen, versetzte
Reineke drauf: ich bitt Euch um Urlaub, es ist die gerechte
Stunde gekommen, gnadiger Herr, und lasset mich wandern.
Habet Urlaub! sagte der Konig, und also gebot er
Samtlichen Herren des Hofes, dem falschen Pilger ein Stuckchen
Weges zu folgen und ihn zu begleiten. Es lagen indessen
Braun und Isegrim, beide gefangen, in Jammer und Schmerzen.
Und so hatte denn Reineke wieder die Liebe des Konigs
Vollig gewonnen und ging mit gro?en Ehren von Hofe,
Schien mit Ranzel und Stab nach dem Heiligen Grabe zu wallen,
Hatt er dort gleich so wenig zu tun, als ein Maibaum in Aachen.
Ganz was anders fuhrt' er im Schilde. Nun war ihm gelungen,
Einen flachsenen Bart und eine wachserne Nase
Seinem Konig zu drehen; es mu?ten ihm alle Verklager
Folgen, da er nun ging, und ihn mit Ehren begleiten.
Und er konnte die Tucke nicht lassen und sagte noch scheidend:
Sorget, gnadiger Herr, da? Euch die beiden Verrater
Nicht entgehen, und haltet sie wohl im Kerker gebunden.
Wurden sie frei, sie lie?en nicht ab mit schandlichen Werken.
Eurem Leben drohet Gefahr, Herr Konig, bedenkt es!
Und so ging er dahin mit stillen, frommen Gebarden,
Mit einfaltigem Wesen, als wu?t ers eben nicht anders.
Drauf erhub sich der Konig zuruck zu seinem Palaste,
Samtliche Tiere folgten dahin. Nach seinem Befehle
Hatten sie Reineken erst ein Stuckchen Weges begleitet;
Und es hatte der Schelm sich angstlich und traurig gebardet,
Da? er manchen gutmutigen Mann zum Mitleid bewegte.
Lampe, der Hase, besonders war sehr bekummert. Wir sollen,
Lieber Lampe, sagte der Schelm: und sollen wir scheiden?
Mocht es Euch und Bellyn, dem Widder, heute belieben,
Meine Stra?e mit mir noch ferner zu wandeln! Ihr wurdet
Mir durch eure Gesellschaft die gro?te Wohltat erzeigen.
Ihr seid angenehme Begleiter und redliche Leute,
Jedermann redet nur Gutes von euch, das brachte mir Ehre;
Geistlich seid ihr und heiliger Sitte. Ihr lebet gerade,
Wie ich als Klausner gelebt. Ihr la?t euch mit Krautern begnugen,
Pfleget mit Laub und Gras den Hunger zu stillen, und fraget
Nie nach Brot oder Fleisch, noch andrer besonderer Speise.
Also konnt er mit Lob der beiden Schwache betoren;
Beide gingen mit ihm zu seiner Wohnung und sahen
Malepartus, die Burg, und Reineke sagte zum Widder:
Bleibet hierau?en, Bellyn, und la?t die Graser und Krauter
Nach Belieben Euch schmecken; es bringen diese Gebirge
Manche Gewachse hervor, gesund und guten Geschmackes.
Lampen nehm ich mit mir; doch bittet ihn, da? er mein Weib mir
Trosten moge, die schon sich betrubt; und wird sie vernehmen,
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