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Die Seemannsbraut: Sir Richard und die Ehre der Bolithos - Kent Alexander - Страница 25
Man horte einen rauhen Jubelschrei, und Parris rief:»Bei Gott, da kommt Imrie!»
Die Thor hatte jedes bi?chen Leinwand gesetzt, so da? ihre Segel im fruhen Morgenlicht wie eine gro?e, rotgoldene Pyramide leuchteten. Alle ihre kurznasigen Karronaden waren zu beiden Seiten des schwarz- und ockergestreiften Rumpfes wie ein Gebi? ausgefahren. Ihr Anstrich glanzte, als sie Ruder legte und auf die beiden Schatzschiffe zudrehte. Im Vergleich zur langsamen Ciudad de Sevilla bewegte sich die Thor leichtfu?ig wie eine Fregatte.
Der Handstreich mu?te jedermann in den Forts und an der Kuste vollig uberrascht haben. Zuerst war ein schwedischer Schoner aufgetaucht, dem ein Kriegsschiff folgte, und das innerhalb ihres eigenen schwerbestuckten Territoriums. Bolitho dachte fluchtig an Kapitan Price. Dies ware seine Stunde gewesen.
«Signal an Thor: Das andere Schatzschiff versenken!»
Obwohl es ursprunglich eine Bootsattacke werden sollte, hatten sie auch diese Moglichkeit in Betracht gezogen. Bolitho schaute auf das blutverschmierte Deck nieder, auf die offenen Mundes daliegenden Toten und die stohnenden Verwundeten. Wie es aussah, hatten sie ohne den Schoner wahrscheinlich keinen Erfolg gehabt.
Er griff wieder zum Fernglas. An Bord des anderen Schiffes stromten die Spanier zusammen, Bajonette und Spie?e funkelten im Sonnenlicht. Sie erwarteten eine Entermannschaft der Thor, und diesmal wollten sie vorbereitet sein. Als sie Imries wahre Absicht erkannten, war es zu spat. Eine Trompete schmetterte, Pfeifen schrillten, sie rannten in Panik hierhin und dorthin und prallten schlie?lich wie konfuser Seegang aufeinander.
Fast grazios umrundete der gedrungene Rumpf der Thor das andere Schiff, bis sein ungeschutztes hohes Heck ihm zugekehrt war. Dann feuerten die Karronaden eine langsame Breitseite ab.
Schu? fur Schu? loste sich mit dem ohrenbetaubenden, fur Karronaden so typischen kurzen Donnerschlag. Vom hohen Kastell des Gegners rieselte es golden, die schimmernden Schnitzereien klatschten in die See oder wurden hoch in die Luft gewirbelt. Als der Wind den Rauch forttrieb, klaffte anstelle des Heckaufbaus eine schwarze Hohle in der Bordwand. Die schweren Kartatschen hatten den Rumpf der Lange nach wie eine eiserne Woge durchschlagen und alles unter Deck hinweggefegt.
Thor drehte abermals. Als die Spanier versuchten, das Ankertau ihres zerschlagenen Schiffes zu kappen, kreuzte sie wieder auf und feuerte mit der anderen Batterie eine Breitseite ab. Der Spanier verschwand im Rauch. Sein Besan und Gro?mast waren mit wirrem Durcheinander langst uber Bord gefallen, und die Taue lagen an Deck und im Wasser wie Lianen verstreut.
Bolitho, der das Schauspiel direkt vor Augen hatte, mu?te schlucken und rausperte sich.
«Setzt die Breitfock, Mr. Parris.»
Er packte die Schulter des Fahnrichs, der wie angeschossen hochsprang.»Signal an Thor: Her zu mir!«Als er den Griff lockerte, fugte er hinzu:»Du hast dich gut gehalten. «Dann sah er die Manner am Ruder, ihre rauchverschmierten Gesichter und blo?en Fu?e, ihre blutigen Entermesser.»Ihr habt es alle gut gemacht!»
Das gro?e Vorsegel fullte sich, das Deck neigte sich ein wenig, und ein Leichnam rollte vor die Speigatten, als ob er sich bisher nur totgestellt hatte.
Auf dem Vordeck stand Jenour. Dort bewachten zwei bewaffnete Seeleute eine offene Luke, weil niemand wu?te, wie viele Feinde noch im Innern des Schiffes steckten. Jenour spurte, da? Bolitho ihn ansah, und hob seinen schonen Degen wie zum Salut. Wie fur den dreizehnjahrigen Hazlewood war es auch fur ihn wahrscheinlich das erste Blutvergie?en gewesen.
«Thor zeigt verstanden, Sir!»
Bolitho wollte seinen Degen ablegen und erinnerte sich, da? er die Scheide vor dem Handgemenge weggeworfen hatte. Nun lag sie auf dem kleinen Schoner, der soeben im Dunst verschwand und nur noch eine Erinnerung war.»Nordost zu Ost liegt an, Sir!»
Vor ihnen, milchblau im fruhen Licht, dehnte sich die offene See. Manner jubelten — verblufft, verstort, voller Freude und auch, weil sie das Ganze noch gar nicht fassen konnten.
Parris grinste breit und druckte die Hand des Meistergehilfen so kraftig, da? dieser zusammenzuckte.»Sie gehort uns, Mr. Skilton! Gott verdamm' mich, wir haben ihnen das Schiff unter ihrer Nase weggenommen!»
Skilton schnitt eine Grimasse.»Wir sind noch nicht daheim,
Sir.»
Bolitho hob das Glas wieder, es dunkte ihn schwer wie Blei. Weniger als eine Stunde war verflossen, seit sie das verankerte Schatzschiff uberfallen hatten. Eine Unmenge kleiner Boote verlie? die Kuste, eine Brigg setzte Segel, um sich ihnen anzuschlie?en. Sie alle stromten zu dem spanischen Wrack. Die letzte Breitseite mu? es wie ein Sieb durchlochert haben. Jedes Boot und jede Hand wurde notig sein, um zu bergen, was noch zu bergen war, ehe es kenterte und unterging. Es nicht zu entern, hatte sich gelohnt. Wenn sie versucht hatten, beide zu nehmen, hatten sie keines bekommen, sondern beide verloren. Der Meistergehilfe hatte schon recht: Bis daheim war noch ein langer
Weg.
Er lie? den Degen an Deck fallen, er war ungebraucht wie der Dolch des kleinen Fahnrichs. Todessehnsucht? Er hatte keine Furcht empfunden, wenigstens nicht fur sich selbst. Er sah die Matrosen an den Backstagen heruntergleiten. Hundert Mann Besatzung hatte er fur die Ciudad de Sevilla, das reichte. Sie vertrauten ihm, und das war vielleicht der gro?te Sieg.
Bolitho nahm sich eine Kaffeetasse und schob sie gleich wieder fort: leer. Das hatte Ozzard unter diesen Umstanden nie zugelassen. Mude rieb er sich die Augen und sah sich in der uberreichlich ausgestatteten Kajute um. Im Vergleich zu einem britischen Kriegsschiff war es ein Palast, sogar fur einen Vizeadmiral. Er lachelte dunn.
Es war Nachmittag. Trotzdem konnten sie vom Gro?mast immer noch das spanische Festland sehen. Aber Geschwindigkeit war so wichtig wie die Entfernung, deshalb lie? er bei dem stetigen Nordwestwind jeden Fetzen setzen, den das Schiff tragen konnte. Er hatte ein ebenso kurzes wie feindseliges Gesprach mit dem spanischen Kapitan gehabt, einem arroganten, bartigen Mann mit dem Gesicht eines alten Conquistadors. Schwer zu sagen, was diesen Spanier mehr argerte: da? ihm sein Schiff unter den Kanonen des eigenen Forts weggenommen wurde oder da? ihn ein Mann befragte, der sich zwar als englischer Admiral ausgab, aber in seinem zerlumpten Hemd und den rauchgeschwarzten Kniehosen eher wie ein Landstreicher aussah.
Er nannte Bolithos Absicht, das Schiff in friedlichere Gewasser zu segeln, aussichtslos. Wenn die Abrechnung kam, wurde es ein Ende ohne Gnade sein, hatte er in merkwurdig eintonigem Englisch gesagt. Da hatte Bolitho das Gesprach beendet und gelassen erklart:»Niemand erwartet Gnade von einem Land, das sogar die eigenen Leute wie Tiere behandelt.»
Bolitho horte, wie Parris einem Mann im Besanmast etwas zurief. Er war unermudlich und nicht zu stolz, beim Brassen oder Hei?en mit anzupacken. Mit ihm hatte Bolitho eine gute Wahl getroffen.
Thor war dem schwerfalligen Schatzschiff gefolgt, wahrscheinlich ebenso erstaunt uber ihren Erfolg wie alle. Doch so gro? dieser auch war, er hatte seinen Preis gefordert und Trauer hinterlassen wie nach jedem Gefecht.
Leutnant Dalmain war ums Leben gekommen, aber seine Leute waren von Thor abgeborgen worden. Die beiden Morser mu?ten aufgegeben werden, ihr wuchtiger Rucksto? hatte den lecken Leichter bis auf den Kiel zerschlagen. Dalmain hatte seine Leute in Sicherheit gebracht und war noch einmal zuruckgekehrt, um etwas zu holen. Dabei war der Leichter plotzlich vollgelaufen und weggesackt. Nun lag Dalmain bei seinen geliebten Morsern.
Vier Mann waren beim Angriff gefallen, drei weitere schwerverwundet worden. Einer der letzteren war Seemann Laker, der einen Arm und ein Auge verloren hatte, als eine Muskete ihn auf Nahschu?distanz bescho?. Bolitho hatte gesehen, wie Parris uber ihm kniete, als der Mann krachzte:»Besser als ausgepeitscht, nicht wahr, Sir?«Dann hatte er nach der Hand des Leutnants getastet.»Konnte ein kariertes Fell noch nie leiden, schon gar nicht seinetwegen.»
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