Выбери любимый жанр

Выбрать книгу по жанру

Фантастика и фэнтези

Детективы и триллеры

Проза

Любовные романы

Приключения

Детские

Поэзия и драматургия

Старинная литература

Научно-образовательная

Компьютеры и интернет

Справочная литература

Документальная литература

Религия и духовность

Юмор

Дом и семья

Деловая литература

Жанр не определен

Техника

Прочее

Драматургия

Фольклор

Военное дело

Последние комментарии
оксана2018-11-27
Вообще, я больше люблю новинки литератур
К книге
Professor2018-11-27
Очень понравилась книга. Рекомендую!
К книге
Vera.Li2016-02-21
Миленько и простенько, без всяких интриг
К книге
ст.ст.2018-05-15
 И что это было?
К книге
Наталья222018-11-27
Сюжет захватывающий. Все-таки читать кни
К книге

Grieche sucht Griechin - Дюрренматт Фридрих - Страница 6


6
Изменить размер шрифта:

«Nennen Sie mich doch einfach Petit-Pierre«, sagte OB9GZ,»wir sind unter uns und nicht unter Banausen. Ob nun der Bericht über Alaska von Ihnen stammt oder nicht, er ist von Ihnen inspiriert, atmet Ihren Geist, den unvergleichlichen Stil Ihrer klassischen Berichte über den Kanton Appenzell Innerrhoden, über das Tirol. Ein Zeichen mehr, daß Ihre Arbeiten erfreulich Schule machen. Habe immer meinem Kollegen Oberbuchhalter Schränzle zugerufen: Archilochos ist ein Dichter, ein großer Prosaist. Schränzle läßt Sie übrigens grüßen. Ebenfalls Oberbuchhalter Häberlin. Mit Schmerz habe ich immer die untergeordnete Stellung wahrgenommen, die Sie in unserem geschätzten Hause einnehmen, welche doch ganz und gar nicht den überragenden Fähigkeiten entspricht, die Sie auszeichnen. Darf ich Ihnen übrigens ein Gläschen Vermouth —»

«Danke Herr Petit-Pierre«, sagte Archilochos,»ich bin Temperenzler.»

«Besonders scheint es mir skandalös, daß Sie unter Buchhalter B121GZ arbeiten, unter dieser nun wirklich mediokren Hilfskraft, unter diesem Herrn Rummler, oder wie er nun heißt.»

«Er hat mich eben zum Vizebuchhalter vorgeschlagen.»

«Sieht ihm ähnlich«, sagte OB9GZ ärgerlich,»Vizebuchhalter! Das würde ihm so passen! Sie, einen Mann von solchen Fähigkeiten! Hat doch die Petit-Paysan-Maschinenfabrik den Aufschwung der Geburtszangenproduktion im letzten Quartal ausschließlich Ihnen zu verdanken. »

«Aber Herr Petit-Pierre…»

«Nicht zu bescheiden, mein Verehrtester, nicht zu bescheiden. Alles hat seine Grenzen. Da habe ich nun seit Jahren geduldig gewartet, gehofft, daß Sie sich vertrauensvoll an mich wenden, an Ihren treusten Freund und Bewunderer, und Sie harren unter diesem unerträglichen Burschen von einem Buchhalter einfach weiter aus, als Unterbuchhalter unter Unterbuchhaltern, in einem Milieu, das nun wirklich nicht zu Ihnen paßt. Anstatt die Faust auf den Tisch zu schmettern! Die Bagage muß Ihnen doch greulich auf die Nerven gegangen sein. Da muß ich nun eben selber eingreifen. Ich bin zwar nur ein ohnmächtiger kleiner Oberbuchhalter im Labyrinth unserer Verwaltung, ein Nichts, ein Wicht. Habe aber mein Herz in beide Hände genommen. Den Mut, zu Ihren Talenten zu stehen, gehe nun die Welt unter oder nicht, muß schließlich einmal jemand haben, und würde es ihn auch den Kopf kosten. Zivilcourage, mein Lieber! Wenn wir die nicht mehr haben, ist es mit dem ethischen Wert der Petit-Paysan-Maschinenfabrik zu Ende, und wir haben die pure Diktatur der Bürokratie, wie ich immer trompete. Habe mit dem Ober-Personalchef unserer Abteilung telephoniert, der Sie übrigens auch grüßen läßt: wollte Sie eben zum Vizedirektor vorschlagen; könnte mir auch nichts Schöneres denken, als unter Ihnen, verehrter, lieber Herr Archilochos, weiter an unserem Unternehmen zu arbeiten, an der unablässigen Verfeinerung und Verbreitung der Geburtszange, doch ist mir Petit-Paysan selbst, der liebe Gott sozusagen, oder das Schicksal, wenn Sie wollen, leider leider zuvorgekommen, ein kleines persönliches Pech, was natürlich von Ihnen aus gesehen ein großes, wenn auch nicht unverdientes Glück bedeutet.»

«Petit-Paysan?»

Archilochos glaubte zu träumen.

«Das ist doch nicht möglich!»

«Er wünscht Sie noch heute, noch diesen Morgen, noch in dieser Stunde zu sehen, Herr Archilochos«, sagte OB9GZ.

«Aber…»

«Kein aber.»

«Ich meine…»

«Herr Archilochos«, sagte der Oberbuchhalter ernst und strich sich über seinen gepflegten Bart,»lassen Sie uns ehrlich miteinander reden. Von Mann zu Mann, von Freund zu Freund. Hand aufs Herz: Dies ist ein historischer Tag, ein Tag der Aussprache, der Klärung. Es ist mir ein Herzensbedürfnis, Ihnen ehrenwörtlich zu versichern, daß die Tatsache, daß ich Sie zum Vizedirektor vorgeschlagen habe, und die Tatsache, daß unser verehrter Petit-Paysan, Hut ab vor ihm, Sie zu sprechen wünscht, nicht das geringste miteinander zu tun haben. Im Gegenteil. Eben hatte ich den formellen Antrag Ihrer Beförderung diktiert, als Direktor Zeus mich rufen ließ.»

«Direktor Zeus?»

«Dem die Geburtszangenabteilung untersteht.»

Archilochos entschuldigte seine Unkenntnis. Er habe diesen Namen noch nie gehört.

«Ich weiß«, antwortete der Oberbuchhalter,»die Namen der amtierenden Direktoren sind in die Kreise der Buch- und Unterbuchhalter nicht gedrungen. Wozu auch. Diese Kulis haben zu schreiben, Wische über den Kanton Appenzell Innerrhoden zu verfertigen, oder über weiß Gott was für Nester, was, unter uns gesagt, lieber Herr Archilochos, keinen Menschen interessiert — Ihre Arbeit natürlich ausgenommen, auf die stürzen wir uns, die reißen wir Oberbuchhalter einander aus den Händen, zugegeben, Ihre Berichte über Baselland etwa, oder Costa Rica sind aber auch großartig, klassisch, wie ich schon sagte, doch die übrigen — überzahlte nutzlose Hanswurste, diese Buch- und Unterbuchhalter, predige, pfeife ich seit Urzeiten den Herren der Verwaltung vor. Den ganzen Laden schmeiße ich Ihnen mit meinen Sekretärinnen alleine. Die Petit-Paysan-Maschinenfabrik ist doch keine Versorgungsanstalt für geistig Zurückgebliebene. Übrigens läßt Sie Direktor Zeus schön grüßen.»

«Danke schön.»

«Leider ist er nun im Spital.»

«Ach.»

«Nervenzusammenbruch.»

«Das tut mir aber leid.»

«Sehen Sie, lieber Freund, Sie haben die reinste Katastrophe in der Geburtszangendirektion angestellt. Sodom und Gomorrha sind ein harmloses Ofenfeuerchen dagegen. Petit-Paysan wünscht Sie zu sprechen! Nun gut, das ist sein Recht, der Herrgott kann schließlich auch den Vollmond zuspitzen, aber verwundern würden wir uns gleichwohl, täte er dies. Petit-Paysan und ein Unterbuchhalter! Das ist ungefähr das gleiche Wunder. Daß da so ein unglücklicher Direktor die Totenglocke bimmeln hört, dürfte wohl klar sein. Und der Vizedirektor? Der brach auch zusammen.»

«Aber warum denn?»

«Lieber, Verehrtester, weil Sie zum Geburtszangendirektor ernannt werden sollen, das dürfte doch jedem Wickelkind einleuchten, sonst hat doch dies alles keinen Sinn. Wen Petit-Paysan rufen läßt, wird Direktor, da haben wir unsere Erfahrung. Rausfliegen tut man durch den Oberpersonalchef.»

«Direktor? Ich?»

«Sicher. Die Beförderung ist schon Oberpersonalchef Feuz gemeldet, der Sie übrigens auch grüßen läßt.»

«Der Geburtszangenabteilung?»

«Vielleicht auch noch der Atomkanonen, wer weiß das. Oberpersonalchef Feuz hält alles für möglich.»

«Aber warum denn?«schrie Archilochos, der nichts mehr begriff.

«Liebster, Bester! Sie vergessen Ihre ausgezeichneten Berichte über Oberitalien…»

Er bearbeite die Ostschweiz und das Tirol, verbesserte der Unterbuchhalter hartnäckig.

«Ostschweiz und Tirol, werfe die Landschaften etwas durcheinander, bin ja auch kein Geograph.»

«Das kann doch nicht ein Grund sein, mich zum Geburtszangendirektor zu ernennen.»

«Na, na.»

«Ich besitze doch gar nicht die Fähigkeit zu einem Direktor«, protestierte Archilochos.

OB9GZ schüttelte den Kopf und sah Archilochos mit einem rätselhaften Blick an, lächelte, so daß seine Goldzähne zum Vorschein kamen, und faltete die Hände über dem gepflegten Bauch.»Den Grund«, sagte er,»liebster, vereintester Freund, den Grund, weshalb Sie zum Direktor befördert worden sind, müssen Sie wissen, nicht ich, und wenn Sie ihn nicht wissen, forschen Sie nicht. Es ist besser so. Nehmen Sie meinen Rat an. Es ist wohl das letzte Mal, daß wir uns gegenübersitzen. Direktoren und Oberbuchhalter pflegen nie miteinander zu verkehren, wäre auch ganz gegen das ungeschriebene Gesetz unseres vorbildlichen Hauses. Stand ich doch heute zum ersten Mal Direktor Zeus gegenüber, in der Stunde seines Untergangs freilich, während man den armen Vizedirektor Stüssi, der mein eigentlicher Vorgesetzter ist, und der allein mit den Oberbuchhaltern verkehrt, gerade auf einer Bahre hinaustrug, eine wahre Götterdämmerung.

Schweigen wir über diese eindrucksvolle Szene. Ihr Bedenken: Sie fürchten, das Metier eines Direktors nicht zu beherrschen. Bester, liebster Freund, das Metier eines Direktors beherrscht jeder, im Vertrauen gesagt, jeder Trottel ist dazu fähig. Sie haben nichts anderes zu tun, als einfach Direktor zu sein, als Direktor zu existieren, die Würde zu übernehmen, zu repräsentieren, Inder, Chinesen, Zulukaffern durch die Räume zu führen, Mitglieder der Unesco und des Ärzteverbandes und wer sich sonst noch in Gottes großer Welt für die edle Geburtszange interessiert. Die praktischen Angelegenheiten, der Betrieb, das Technische, die Berechnungen, die Planung, dies alles wird von den Oberbuchhaltern gedrechselt, um mich etwas frei einem verehrten Freund gegenüber auszudrücken. Da brauchen Sie sich keine grauen Haare wachsen zu lassen. Wichtig freilich wird sein, wen Sie sich zum Vizedirektor aus den Reihen der Oberbuchhalter erküren, Stüssi ist ja nun erledigt, war auch höchste Zeit, war zu sehr mit Direktor Zeus verbunden, eine Kreatur des hohen Herrn — nun ja, ich will mich über die fachliche Qualität Zeusens nicht äußern. Das ziemt sich nun wohl nicht. Er hat seinen Nervenzusammenbruch. Kritik liegt mir ferne. Es war ein Kreuz mit ihm, ganz unter uns gesprochen, war er doch unfähig, die Berichte über Dalmatien, die Sie, vereintester Freund und Gönner, verfaßt haben, auch nur zu begreifen, und auch im übrigen ohne Schimmer — ich weiß, ich weiß, es war nicht Dalmatien, es war das Toggenburg oder die Türkei: Schwamm drüber, Sie sind zu höheren Zielen geboren. Adlergleich schwingen Sie sich über uns staunende Oberbuchhalter ins Blaue. Jedenfalls noch einmal im Vertrauen: Wir Oberbuchhalter freuen uns, Sie nun als Direktor zu haben! Daß ich als Ihr bester Freund besonders Halleluja und Hosianna jauchze (hier wurden OB9GZ' Augen feucht), will ich nicht noch einmal betonen, das wäre nun doch zu ungehörig, sähe aus, als wollte gerade ich Vizedirektor werden, wenn ich auch der Rangälteste bin. Wie immer auch Ihre Wahl unter uns Oberbuchhaltern ausfallen wird, wen Sie nun auch zu Ihrem Stellvertreter ernennen werden, ich nehme die Wahl mit Demut entgegen, bleibe Ihr größter Verehrer — Kollege Spätzle möchte Sie noch sprechen, und dann Kollege Schränzle, aber ich fürchte, ich fürchte, ich muß Sie nun Hals über Kopf zu Petit-Paysan begleiten, um Sie in dessen Vorzimmer unbeschädigt abzuliefern, ist doch die Stunde vorgerückt. Kommen Sie nun also, Kopf hoch, genießen Sie Ihr Glück, sind ja auch der würdigste, der begabteste von uns allen, goldrichtig sozusagen, ein geniales Glückskind, die Geburtszangenabteilung wird sogar noch die Maschinengewehrabteilung mit Elan überflügeln, sehe ich voraus, mit Schwung und Kraft, verehrter, lieber Herr Direktor, wie ich nun wohl am besten gleich sage, darf ich bitten, ich habe die Ehre, es ist mir ein großes Vergnügen, wir nehmen denn auch gleich den Direktorenlift.»