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Der Brander: Admiral Bolitho im Kampf um die Karibik - Kent Alexander - Страница 30
Dann horte er sich ruhig fragen:»Also, Mr. Quantock?«Quantock starrte ihn durch die Gischtfetzen bose an.»Aye, aye, Sir.»
Damit griff er nach seinem Sprachrohr und stapfte davon.
Keen packte den glatten Handlauf. Wie viele Kommandanten vor ihm hatten hier schon so gestanden? In Sturm oder Flaute, vor einem Hafen oder einem Gefecht, und hatten versucht, sich ihre Angste nicht anmerken zu lassen?
Wurde er der letzte sein? Er horchte auf das Klicken des Ankerspills, den Knall der Peitsche, mit der ein Bootsmannsgehilfe einen Saumseligen zu gro?erer Anstrengung trieb. Von ihrer Kraft und Entschlossenheit hing es ab, ob das schwere Schiff gegen Wind und See bestehen konnte.
Ein letztes Mal blickte er zu den Rahen auf, wo die Toppgasten in den Fu?pferden standen, jederzeit bereit, die knatternden Segel herabrauschen und sich entfalten zu lassen.
Weit und breit kein Licht. Und keine Spur mehr von der brennenden Schwimmsperre. Vielleicht war Allday nicht durchgekommen. Aber wenn dem so war, dann lebte er jetzt bestimmt nicht mehr. Noch ein Bild sah Keen vor sich: er selbst, damals ein kleiner Seekadett, schreiend und keuchend vor Schmerzen, mit einem messerscharfen Holzsplitter im Leib, der ihn wie ein Speer durchbohrte. Und Allday, der ihn uberraschend sanft unter Deck trug und den Splitter selbst aus dem Fleisch schnitt, weil der Schiffsarzt zu betrunken war, um verla?lich seine Arbeit zu tun.
«Anker ist frei!«Nur halb drang der Ruf zum Achterschiff, aber schon legte sich Achates so scharf uber, da? die See wie Brandung uber Seitendeck und Schanzkleid brach.»Setzt die Bramsegel!»
Die Ruderganger rutschten aus und fielen auf die Planken, umklammerten aber eisern das machtige Doppelrad, als der Wind das Schiff wie ein Spielzeug herumwarf; die losen Bramsegel knallten und schlugen an ihren Rahen, und das Crescendo der Sturmboen in der Takelage ubertonte das Geschrei der um ihr Leben kampfenden Crew.
Keen kniff die Augen zu Schlitzen zusammen, als Spritzwasser durch die Webeleinen scho? und ihn von Kopf bis Fu? durchna?te. Das Wasser fuhlte, sich warm an, als hei?e es seine Beute schon willkommen.
Sparrowhawks uberlebender Midshipman, der kleine Evans, klammerte sich verzweifelt an ein Want, als ihm die Fu?e weggerissen wurden. Ein dunkles Bundel fiel aus der Besantakelage, schlug mit einem ekelerregend dumpfen Krachen aufs Schanzkleid und von da in die See: ein Toppgast, den das plotzlich steif kommende Segel von seinem unsicheren Stand gerissen haben mu?te. Dem Mann blieb nicht einmal Zeit fur seinen letzten Schrei.
Im Getose von Wind und See klang Gebrull auf und verebbte wieder — wie ein Chor verdammter Seelen.
«Noch ein paar Hande an die Luvbrassen dort!»
«Mr. Rooke, lassen Sie zwei Leute aufentern!»
«Bringt den Mann da ins Lazarett!»
«Wahrschau — die Gig rei?t sich los!»
Und plotzlich der heisere Ruf des Masters:»Ruder im Schiff, Sir!»
Keen fuhr herum und starrte ihn an, das Gesicht entstellt durch ein irres Grinsen, denn der Winddruck verzerrte seine Lippen. Aber das Schiff gehorchte wieder dem Ruder! Mit vierkant gebra?ter Gro?rah und zum Platzen steifen Segeln, so stark uberliegend, da? Wasserstrahlen durch die geschlossenen Lee-Stuckpforten gepre?t wurden, fiel Achates ab und begann, dem Sturm das Heck zu zeigen.
Gebrochene Leinen wehten vor ihr her wie Lianen; von oben horte Keen das schrille Glissando rei?ender Leinwand, aber er wu?te, da? die Fauste der Toppgasten den Schaden in Grenzen halten wurden.
«Nordost zu Nord!«Die Stimme klang atemlos. Und gleich darauf:»Nord zu Ost!»
Keen umklammerte den Handlauf, da? ihn die Fauste schmerzten. Achates gab wirklich ihr Bestes. Aber mit jeder Sekunde, die der Sturm sie weiter auf den dunklen Schatten des Landes zutrieb, wurden ihre Chancen geringer.
Wieder das Knirschen der Rahen, deren Brassen von halbnackten Mannern geholt wurden, die sich vor Anstrengung schrag gegen das Deck stemmten. Und uber allen Quantocks fordernde, drohende, rauhe Stimme.
Der Rumpf schien einen Satz nach vorn zu machen, schrag abwarts, bis eine massive Wasserwand hoch uber dem Vorsteven emporwuchs und auf das Vorschiff niederkrachte. Wie Stoffpuppen wurden Manner nach achtern gewaschen. Keen schien es ein Wunder, da? sich keine der vorderen Kanonen losri?. Er kannte die Gefahr mir zu gut: wie von blinder Angriffswut beseelt, konnten diese gu?eisernen Monster, hatten sie sich erst aus ihren Laschings befreit, kreuz und quer durch die Decks krachen und alles zermalmen, was ihnen in den Weg kam.
Mit kaltem Grauen zahlte er die Sekunden, bis der Bugspriet sich langsam zu heben begann und tosende Wasserkaskaden abschuttelte. Der Kluverbaum zeigte wieder aufs Land, auf das unerbittlich drohende Land.
Wie zur Bestatigung horte er Knockers Schrei:»Nordwest liegt an,
Sir!»
Und immer noch kein Lichtsignal. Sie wurden auch vergeblich darauf hoffen, dachte Keen.
Eigentlich hatte er verzweifelt sein mussen. Er hatte sich geirrt, und Quantock hatte recht behalten. Nun war das Schiff verloren und mit ihm jeder Mann an Bord, und diese rebellische Insel konnte weiterhin der Krone trotzen, als hatte es Achates nie gegeben.
Aber trotz allem war er seltsam erleichtert. Er hatte es wenigstens versucht, und Bolitho wurde davon horen. Andere Schiffe wurden kommen und sie rachen, ob nun britische oder franzosische, das spielte keine Rolle.
Plotzlich Leutnant Foords gellende Stimme:»Das Signal! O Gott, da ist das Signal!«Er schluchzte fast, so erleichtert war er.
Scharf befahl Keen:»Rei?en Sie sich zusammen, Mann! Mr. Knok-ker: einen Strich nach Steuerbord!»
Bewu?t versuchte er, seine verkrampften Glieder zu entspannen, wahrend er nach dem Feuer ausspahte, dessen spruhendes Licht von den jagenden Wolken reflektierte. Wieder hievten die Deckshande an den Brassen, Keen horte das Vorbramsegel sich knallend mit Wind fullen und wu?te jetzt, da? vorhin das Gro?bramsegel zerfetzt worden war.
Aber da war ihr Richtfeuer, ohne jeden Zweifel. Allday hatte das Unmogliche geschafft.»Nordwest zu Nord, Sir.«»Recht so!»
Das Schiff schien jetzt mit einem hollischen Tempo durchs Wasser zu preschen.»Lotgasten in die Ketten!«befahl Keen. Tauschte er sich, oder hatte im rauhen Ruf des Masters mehr gelegen als Uberraschung und Erleichterung? Vielleicht auch ein respektvolles Staunen?
Keen stie? sich ab und ging zur anderen Seite hinuber, um die wei? schaumende Brandung im Auge zu behalten. Die Brecher schienen nicht weiter als eine Bootshakenlange vom Rumpf entfernt.
Er horte den ersten Lotgasten aussingen, aber seine Tiefenangabe verstand er nicht.
Dicht neben dem Rumpf konnte er plotzlich festes Land ausmachen, in Gischt gehullt, und spurte das Deck unter seinen Fu?en erbeben, als der Kiel mit knapper Not uber eine gefahrliche Sandbarre rutschte.
Knocker gab neue Ruderkommandos, seine Stimme hallte plotzlich laut von der Landzunge wider, auf deren Hohe die Pontons den Hafen gesperrt hatten.
Sie horten Gefechtslarm: Gewehrfeuer und dazwischen vereinzelt das Krachen von Kanonen. Aber das klang alles so fern und unwirklich, als hatte es nichts mit dem ansturmenden Zweidecker und seiner Besatzung zu tun.
Warnschreie vom Vorschiff — und dann hielt Keen scharf den Atem an, als ein heftiger Ruck durch das Schiff ging. Dunkel und verschwommen sah er ein kleineres Fahrzeug am Rumpf der Achates entlang gleiten und achteraus verschwinden: ein Boot, das sie von seiner Boje gerissen hatten und das nun langsam kenterte.
Immer noch brannte das Richtfeuer lichterloh, und jetzt konnte Keen seinen Widerschein auf einem helleren Fleck erkennen, der dichtbei lag: Alldays Barkasse. Er ri? einem Midshipman das Teleskop aus der Hand und richtete es nach Backbord voraus.
Im Schein ihres Feuers standen die Bootsgasten in der Barkasse und schwenkten jubelnd die geteerten Hute, als das Schiff sich naherte. Achates mu?te einen gespenstischen Anblick bieten, dachte Keen: oben feurig leuchtende Segel und darunter ein Rumpf, der mit dem dunklen Wasser verschmolz.
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