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Admiral Bolithos Erbe: Ein Handstreich in der Biskaya - Kent Alexander - Страница 30
«In Nantes?»
Statt sich verargert abzuwenden, wie Bolitho erwartet hatte, lachelte der Offizier amusiert.»Sie scheinen sich in Frankreich aus- zukennen, M'sieu. «Damit reichte er ihnen zwei Flaschen Wein in die Kutsche, gru?te abermals und ritt zu den anderen Offizieren zuruck.
Bolitho wandte sich seinen Gefahrten zu, schwieg aber, als er den gespannten Ausdruck in Brownes Gesicht bemerkte.»Sehen Sie dort, Sir!»
Neben der Stra?e standen Baume und etwas zuruckgesetzt einige winzige Katen. Aber beide wurden weit uberragt von einem offenbar neu erbauten Turm; an seinem Fu? machten sich noch Steinmetze zu schaffen und mei?elten die gelblichbraunen Mauersteine glatt.
Aber Bolithos Blick hing gebannt an der Spitze des Turms, wo sich ein Bundel langer, ha?licher Metallarme scharf vom Himmel abhob.
«Ein optischer Telegraf!»
Plotzlich war alles so sonnenklar, da? er sich wie vor den Kopf geschlagen fuhlte. Die Franzosen hatten Semaphoren-Turme! Und deren rauhe Mauern bestanden aus Steinen, die zu Schiff von Spanien herangeschafft wurden. Keinesfalls stammte dieses gelblichbraune Gestein hier aus der Gegend.
Auch in England hatte die Admiralitat Semaphoren-Turme errichten lassen, und zwar sudlich von London, damit die Befehle aus den Kanzleien schneller, ihren Weg zu den wichtigsten Hafen und Reeden fanden; und die Franzosen hatten dieses Signalsystem schon seit langerem eingefuhrt. Doch in beiden Landern hatte man sich bisher auf die Kanalkuste beschrankt. Noch war keine Kunde nach England gedrungen, da? die Kette der franzosischen Signalturme erweitert worden war. Kein Wunder, da? man an der Biskaya so genau uber ihre Bewegungen im Bilde gewesen war: Die Meldungen waren langs der Kuste telegrafiert worden, und franzosische Kriegsschiffe konnten sich rechtzeitig einfinden, um jeden geplanten Angriff auf Hafen oder Schiffahrt vorher abzublocken.
Allday sagte:»Jetzt fallt mir ein, da? ich was Ahnliches gesehen habe, als wir in die Kutsche stiegen, Sir. Aber die Signalarme waren auf einem Kirchturm montiert.»
Bolitho ballte die Fauste. Naturlich, auch in Portsmouth hatte man den Semaphor auf dem Turm der Kathedrale montiert, von wo aus er den ganzen Spithead-Sund uberblicken konnte.
«Hier, offnet die Flaschen. «Bolitho druckte sie Allday in die Hand.»Und seht nicht zu dem Turm hinuber. Der Leutnant ist nicht dumm.»
Gewaltsam wandte er den Blick ab, als die Semaphorenarme jetzt wie Marionetten zu tanzen und zu winken begannen. In zehn oder zwanzig Meilen Entfernung wurde jemand mit einem Teleskop jede einzelne Bewegung entziffern und die Nachricht dann an die nachste Station weitergeben. Bolitho erinnerte sich, da? er von einer neuen Turmkette gelesen hatte, die jetzt London und Deal verband. Schon beim ersten Test hatte sie alle Rekorde gebrochen und ein Signal in nur acht Minuten uber die gesamte Distanz von 72 Meilen weitergegeben!
Bestimmt hatte sich der franzosische Admiral schadenfroh die Hande gerieben, als ihm Styx erstmals an der Ile d'Yeu gemeldet worden war. Danach war alles ein Kinderspiel: Wahrend der Nacht mu?te er die drei Kriegsschiffe ausgesandt haben, und als dann Styx, von Phalarope begleitet, uber die Invasionsflotte hergefallen war, konnte das franzosische Geschwader zielstrebig da-zwischengehen. Kein unnutzer Zeitverlust, keine Krafteverzettelung oder Fehldisposition. Nein, wie eine zuschnappende Falle. Bolitho spurte Wut in sich aufsteigen, fast so intensiv wie seine Verzweiflung.
Die Kutsche rollte wieder an; als Bolitho durchs Fenster sah, standen die Telegraphenarme still, als ruhe sich der ganze Turm aus und nicht nur seine Bedienungsmannschaft.
Ein neuer Gedanke qualte Bolitho: da? Herrick Befehl erhalten mochte, mit wehrhafteren Schiffen des Geschwaders einen neuen Angriff zu fahren. Dabei mu?te es zu einer Katastrophe kommen. Der Feind konnte rechtzeitig eine Ubermacht zusammenziehen und bei der schnellen Nachrichtenubermittlung jede Bewegung Herricks sofort konterkarieren.
Bolitho blickte zum Himmel auf. Es dunkelte schon, bald mu?ten die Signalturme nutzlos sein — bis zum nachsten Tagesanbruch.
Dann klapperten die Pferdehufe und eisenbeschlagenen Kutschenrader uber Pflastersteine, und Bolitho gewahrte drau?en stattlichere Gebaude und einige Lagerhauser; aus manchen Fenstern fiel trauliches Lampenlicht.
Es widerstrebte ihm, seine Lage als total hoffnungslos zu sehen. 25 Meilen die Loire abwarts, und man war an der See. Obwohl er sich zur Ruhe zwang, fuhlte er ein Kribbeln der Erregung zwischen den Schulterblattern. Aber eines nach dem anderen. Alle Hoffnung mu?te verblassen, wenn sie nicht von konstruktiven Ideen genahrt wurde. Er offnete das Fenster um einen Spalt und glaubte, den Flu? riechen zu konnen; im Geist sah er ihn sich dem offenen Meer entgegenschlangeln, wo die Schiffe des Blockadegeschwaders unermudlich auf Wacht waren.
Allday beobachtete seinen Kommandanten und spurte seine Stimmung. Leise sagte er:»Erinnern Sie sich noch an die Frage, die Sie mir vor kurzem gestellt haben, Sir? Uber den Falken an der Kette?»
Bolitho nickte.»Ja, aber wir wollen uns nicht zuviel erhoffen. Es ware noch zu fruh.»
Begleitet von Geschrei und dem Klappern der Ausrustung bogen die Kutsche und ihre Eskorte durch einen Torweg in einen umfriedeten, viereckigen Platz.
Wahrend die Kutsche bremste, meinte Browne:»Nun sind wir endlich angekommen, Sir.»
Drau?en vor den Fenstern zogen Bajonette vorbei, und Bolitho bemerkte einen Offizier mit gro?er Tasche, der unter einem Turbogen stand und ihnen entgegensah. Also wartete wirklich wie versprochen ein Arzt auf sie. Selbst dieser Befehl mu?te von den optischen Telegraphen weitergegeben worden sein. Uber die ganze Distanz von vierzig Meilen.
Ihre Tur wurde aufgerissen, mehrere Soldaten bemachtigten sich des stohnenden Leutnants und trugen ihn ins nachste Gebaude. Als nachster kam Neale dran. Bewu?tlos wurde er auf die gleiche Weise abtransportiert.
Bolitho sah die beiden anderen an. Es wurde Zeit.
Der franzosische Leutnant verbeugte sich hoflich.»Wenn Sie mir bitte folgen wollen?«Sein Ton war verbindlich, aber die bewaffneten Posten hinter ihm lie?en den Gedanken an Widerspruch gar nicht erst aufkommen.
Auf der anderen Seite des Hofs traten sie durch eine eisenbeschlagene Tur in einen kahlen, mit Steinen gepflasterten Raum, dessen einziges Fenster vergittert war und au?erdem zu hoch in der Wand, als da? man es erreichen konnte. Bis auf eine Holzbank, einen stinkenden Eimer und einen Haufen Stroh war der Raum leer.
Bolitho hatte erwartet, da? man ihn sofort offiziell verhoren wurde. Aber die schwere Tur schlug mit einem lauten Knall hinter ihnen zu, der von den Mauern widerhallte wie in einem Mausoleum.
Angewidert sah Browne sich um, und selbst Allday schien es die Sprache verschlagen zu haben. Bolitho lie? sich auf die Bank sinken und starrte zwischen seinen Knien auf den Steinboden. Sie waren Kriegsgefangene.
Mit verschrankten Armen wartete der franzosische Marineleutnant, bis Bolitho mit Alldays Hilfe in seinen Rock geschlupft war und sein Halstuch zurechtgezupft hatte.
Der ubliche Kasernenlarm hatte sie am fruhen Morgen geweckt. Das Haupthaus und einige Nebengebaude waren offenbar vom Militar requiriert worden, konnten aber ihre herrschaftliche Vergangenheit nicht verleugnen. Vor der Revolution mu?te dies ein stattlicher Landsitz gewesen sein, uberlegte Bolitho. Einen kleinen Teil davon hatte er zu sehen bekommen, als er in einen anderen Raum gefuhrt worden war, wo Allday ihn unter den wachsamen Blicken eines Soldaten rasieren durfte.
Bolitho wu?te, da? Allday sich jetzt nicht mehr fortschicken lassen wurde. Sie mu?ten einfach das Beste aus ihrer Lage machen, und es war ja auch nicht das erstemal. Aber nach au?en hin gab er Allday als seinen Kammerdiener aus, denn wenn man in ihm den Berufsseemann erkannte, wurde er bestimmt von ihm getrennt und zum Rest der Mannschaft verlegt, wo sie auch sein mochte.
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