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Eine letzte Breitseite: Kommodore Bolitho im ostlichen Mittelmeer - Kent Alexander - Страница 5
Herrick offnete die Tur.»Ich rufe ihn herein, Sir. «Er sah sich nicht um.
Bolitho setzte sich auf die Bank vor den Heckfenstern und beobachtete ein Fischerboot, das unter dem uberhangenden Heck des Zweideckers durchfuhr. Mit ausdruckslosem Gesicht blickte der Fischer zu ihm empor. Wahrscheinlich stand er im Sold des spanischen Kommandeurs druben in Algeciras, notierte die Namen der Schiffe und sammelte Bruchstucke von Informationen, aus denen sich etwas machen lie?.
Die Tur ging auf; Adam Pascoe, den Hut vorschriftsma?ig unterm Arm, stand in der Kajute.
Bolitho erhob sich und schritt auf ihn zu; fast verspurte er selbst Schmerz, als er sah, da? der junge Mann den Arm etwas von den Rippen abhielt. Noch in der Leutnantsuniform sah Adam wie der schmachtige Junge aus, als der er zum erstenmal zu Bolitho an Bord gekommen war.
«Willkommen an Bord, Sir«, sagte er.
Bolitho verga? die Last seiner neuen Verantwortung, seinen unseligen Zusammensto? mit Herrick — alles au?er diesem Jungen, der ihm so lieb geworden war wie ein Sohn.
Er umarmte ihn und sagte:»Du hast Arger gehabt, Adam. Tut mir leid, da? es meinetwegen war.»
Pascoe sah ihn ernsthaft an.»Ich hatte ihn schon nicht getotet, Onkel.»
Bolitho trat zuruck und lachelte melancholisch.»Nein, Adam, aber vielleicht er dich. Achtzehn Jahre — das ist der Anfang, noch nicht das Ende.»
Achselzuckend strich sich Pascoe das schwarze Haar aus der Stirn.»Der Kommandant hat mir genugend Extradienst dafur aufgebrummt. Was macht deine Verwundung, Onkel?»
«Vergessen. «Bolitho fuhrte ihn zu einem Stuhl.»Deine auch -
eh?»
Sie lachelten sich wie Verschworer an, und Bolitho schenkte zwei Glaser Rotwein ein. Er bemerkte, da? Pascoes Haar nach der neuen Mode geschnitten war, ohne den Zopf im Nacken, wie ihn die meisten Seeoffiziere trugen. Wie mochte die Marine wohl erst aussehen, wenn sein Neffe eines Tages den Kommodorestander hi?te?
Pascoe nippte am Wein.»Es hei?t, Nelson hatte den Befehl uber dieses Geschwader gekriegt, wenn er nicht den Arm verloren hatte.»
«Moglich«, lachelte Bolitho. In der Flotte gab es wenig Geheimnisse.
Nachdenklich entgegnete Pascoe:»Eine gro?e Ehre fur dich, Onkel, aber.«»Aber was?»
«Auch eine gro?e Verantwortung.»
Herrick erschien wieder in der Tur.»Darf ich fragen, Sir, wann die Kommandanten zum Essen an Bord kommen sollen?«Er blickte von einem zum anderen und war seltsam geruhrt. Ungefahr zwanzig Jahre Altersunterschied, und doch sahen sie wie Bruder aus.
«Das uberlasse ich Ihnen«, antwortete Bolitho.
Als Herrick gegangen war, fragte Adam unverblumt:»Stimmt etwas nicht zwischen dir und Kapitan Herrick, Onkel?»
Bolitho legte ihm die Hand auf den Arm.»Nichts kann unsere Freundschaft truben, Adam.»
«Das freut mich«, sagte Pascoe erleichtert.
Bolitho griff nach der Karaffe.»Und jetzt erzahl mir, was du inzwischen gemacht hast.»
II Ein bescheidener Anfang
Ruhelos die ihm noch ungewohnten Mobelstucke betastend, wanderte Bolitho in der Kajute umher. Um ihn und uber ihm knarrten und stohnten die siebzehnhundert Tonnen Planken und Spieren, Kanonen und Menschen unter dem Druck des auffrischenden Nordwestwindes.
Widerstrebend versagte er es sich, mit einem Blick aus dem Fenster zu kontrollieren, wie weit die anderen Schiffe des Geschwaders mit den Vorbereitungen zum Ankerlichten waren. Er horte ab und zu einen Ruf, dem das Trappeln nackter Fu?e folgte — Matrosen rannten hierhin und dorthin, um im letzten Augenblick noch etwas in Ordnung zu bringen. Er konnte sich vorstellen, da? sich Herrick ebenso uber jede Verzogerung argerte. Dennoch blieb ihm nichts weiter ubrig, als ihn auf seinem Achterdeck in Ruhe zu lassen.
Als Kommandant war Bolitho mit Schiffen aller Art und unter den verschiedensten Bedingungen ankeraufgegangen. Von der flinken Schaluppe bis zum turmhohen Dreidecker Euryalus, auf dem er Flaggkapitan gewesen war, hatte er auf jedem Schiffstyp die spannungsgeladenen Minuten vor dem Loskommen des Ankers durchlebt.
Fur Herrick mu?te es ebenso schlimm sein, wenn nicht noch schlimmer. Wenn der Kommandant auf dem Achterdeck stand, hoch uber dem ganzen Getriebe, vor jeder Kritik durch seine Autoritat und seine glanzenden Epauletten geschutzt, mochte ein unbeteiligter Zuschauer irrtumlicherweise glauben, er stunde uber allen menschlichen Angsten und Gefuhlen.
So war es Bolitho als Midshipman vorgekommen, auch noch als jungem Leutnant: Ein Kommandant mu?te ein gottahnliches Wesen sein. Er lebte unerreichbar in seiner Heck-Kajute, und vor seinem Stirnrunzeln zitterte jeder gewohnliche Offizier oder Matrose.
Aber jetzt wu?te Bolitho es besser, genau wie Herrick. Je gro?er die Verantwortung, um so gro?er zwar die Ehre. Aber wenn etwas schiefging, dann fiel man um so tiefer, je hoher man stand.
Allday kam herein, sich die gro?en Hande reibend. Auf seinem blauen Jackett glanzten Tropfen von Spruhwasser, und die Erregung leuchtete ihm aus den Augen. Bolitho spurte es auch selbst:
Endlich lie?en sie das Land hinter sich — wie ein Jager, der aufbricht, sich mit dem Unbekannten zu messen, weil er mu?, der aber nie wei?, ob es nicht das letzte Mal ist.
«Die Mannschaft arbeitet ganz gut, Sir«, grinste der Bootsfuhrer.»Ich war eben oben und habe Ihre Gig kontrolliert. Ganz nette Brise aus Nordwest. Gro?artig werden wir aussehen, wenn das Geschwader erst vom Felsen klarkommt.»
Nervos fuhr Bolitho zusammen und horchte mit schiefem Kopf: ein Rasseln oben an Deck, etwas schleifte uber die Planken, und eine grobe Stimme brullte:»Beleg die Leine da, du Saukerl!»
Er bi? sich auf die Lippen. Da ging doch alles mogliche schief!
Allday musterte ihn nachdenklich.»Captain Herrick kommt schon klar, Sir.»
«Wei? ich. «Bolitho nickte, als wolle er seine Uberzeugung besiegeln.»Das wei? ich doch.«»Auf ihn konnen Sie sich verlassen.»
Allday nahm den Degen von der Schottwand und wartete darauf, da? Bolitho die Arme hob, damit er ihm das Koppel umschnallen konnte.»Immer noch der alte«, sagte er leise und beruhrte den abgewetzten Griff.»Wir sind schon einige Meilen zusammen gesegelt.»
«Aye«, stimmte Bolitho ernst zu und lie? die Finger uber die Parierstange gleiten.»Ich glaube, der macht's noch langer als wir beide.»
Allday grinste ubers ganze Gesicht.»So ist's schon besser, Sir! Jetzt reden Sie wieder, wie es sich fur einen Flaggoffizier gehort.»
Lautlos ging die Tur auf, und Herrick, Hut unterm Arm, trat ein.»Geschwader klar zum Ankerlichten, Sir. «Er sprach ganz gelassen.»Alle Anker sind kurzstag gehievt.»
«Danke, Captain Herrick«, antwortete Bolitho in dienstlichem Ton.»Ich komme gleich an Deck.»
Herrick eilte wieder hinaus; man horte ihn die Leiter zur Kam-panje uber der Achterkajute hinaufsteigen. Er mu?te den Schiffsverkehr in der Stra?e von Gibraltar in Betracht ziehen, der jedoch Gott sei Dank sparlich war; auch die Windstarke und die nahen Untiefen. Herrick mu?te sich auch daruber klar sein, da? er an diesem Vormittag noch von anderen Augen als von Bolithos beobachtet wurde. Die Kommandanten, die am Vorabend beim Dinner so gelost und kameradschaftlich getan hatten, wurden seine Seemannschaft, den Ausbildungsstand der Lysander, die Schnelligkeit ihres Auslaufens sehr kritisch beurteilen. Auch auf den zur Garnison gehorigen Schiffen, sogar von der Festung im feindlichen Alge-ciras aus wurden Teleskope auf die Lysander gerichtet sein.
«Wir wollen gehen, Allday«, sagte Bolitho gelassen.
Unter dem Skylight blieb Allday stehen und deutete nach oben.»Sehen Sie mal, Sir.»
Bolitho starrte hinauf in das schwarze Gewirr der Wanten, auf den himmelhohen Gro?mast dahinter, in dessen Topp der Kommodorestander peitschend auswehte.
«Ja, ich sehe ihn.»
Allday musterte Bolitho ernst und eingehend.»Der gehort Ihnen von rechtswegen, Sir. Mancher, der ihn dieser Tage sieht, mochte ihn runterholen, wenn er konnte. Aber solange er weht, werden sie Ihnen gehorchen. Also machen Sie sich keine Sorgen, uberlassen Sie die anderen. Sie haben Besseres zu tun.»
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