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Eine letzte Breitseite: Kommodore Bolitho im ostlichen Mittelmeer - Kent Alexander - Страница 21
Verbindung zum Schiff und der einzigen Lebensweise, welche die meisten von ihnen kannten, beunruhigte sie.
«Schicken Sie Ihre Vorhut los, Major Leroux«, sagte er.
Der Major nickte.»Wir brauchen auch ein paar gute Manner als Flankenschutz. «Er eilte weg, und in kurzester Zeit war die ganze Landeabteilung auf dem Vormarsch.
Das Gelande war ungefahr so, wie Grubb und Plowman es geschildert hatten, doch erwies sich der Pfad, der durch die Hochflache uber dem Strand fuhrte, rauher als erwartet. Wild fluchten die Manner in der Finsternis; ein paarmal horte Bolitho, wie Nepean oder ein Sergeant drohend Ruhe befahlen. Nach einer Stunde etwa lie? Bolitho rasten, und wahrend die Manner zu beiden Seiten des Pfades hockten, rief er seine Offiziere zusammen.
«In funf Stunden wird es heller. «Midshipman Luce schuttelte Steinchen aus seinem Schuh; und wieder dachte Bolitho an Pascoe. In der Dunkelheit sah der Midshipman ihm sehr ahnlich. Sie waren gute Freunde gewesen — nein, sie waren es noch.
«Nach unseren Berechnungen mussen wir eine Felsrinne uberqueren und sind dann ganz nahe an der Bucht. Auf der Karte hat der uns am nachsten liegende Arm der Bucht lockeren, krumeligen, von Hochwasser zermahlenen Boden. Wenn es eine Kustenbatterie gibt, steht sie also wahrscheinlich auf dem anderen Landarm.»
«Das ist viel zu weit! Das schaffen wir nie, ehe die Lysander mit dem Angriff beginnt«, unterbrach Gilchrist erregt.
«Sprechen Sie mit mir, Mr. Gilchrist?«Es klang so gefahrlich sanft, da? Luce rasch wieder in seinen Schuh fuhr und reglos lauschte.
«Entschuldigung, Sir. Es war nur ein Gedanke. «Gilchrist geriet etwas aus der Fassung.
«Freut mich zu horen. «Bolitho sah die anderen an.»Aber wir mussen nach Moglichkeit alle Geschutze ausschalten, die der Ly-sander gefahrlich werden konnen, ehe sie den Angriff beginnt. Die Spanier mogen ja auf unseren Besuch nicht vorbereitet sein; aber sobald der erste Schu? fallt, wird aus dieser Bucht das reinste Hornissennest.»
Leroux schnallte sein Koppel fester.»Ganz meine Meinung, Sir. Und je eher wir durch diese Rinne sind, um so lieber ist es mir.»
Bolitho sah sich um, er spurte Staub und scharfen Sand im Gesicht. Der Wind hielt sich also. Hoffentlich war Fortuna, wie Herrick es immer nannte, ebenso zuverlassig.
«Also dann weiter!«befahl er.
Leroux ging nach vorn, gab ein paar geflusterte Kommandos, und die Seesoldaten formierten sich wieder auf dem Pfad. In der Dunkelheit wirkten ihre wei?en Brustriemen wie eine lange, sich windende Schlange von wei?en Kreuzen.
Immer noch ruhrte sich nichts vor ihnen in der Nacht: kein streunender Hund, kein schlaftrunkener Fischer, der sich zu seinem Boot hinuntertastete, weil er bei Morgengrauen auf Fang wollte. Verlassen und leer lag die ganze Kuste da.
Merkwurdig — Bolitho konnte ganz zusammenhangend denken; innerlich und au?erlich beinahe entspannt schritt er neben der Marschkolonne dahin. Wie oft schon war er an dieser Kuste in beiden Richtungen entlanggesegelt, jetzt marschierte er hier. Im Geist sah er die Namen auf der Karte vor sich, wie Gedenksteine am Weg: Cartagena, knapp vierzig Meilen entfernt. Alicante, Valencia — an jede Stadt hatte er Erinnerungen. Vor funf Jahren allerdings war Spanien noch mit England verbundet gewesen.
Er merkte, da? ein Befehl flusternd nach hinten durchgegeben wurde, eilte nach vorn und sah, da? Leroux, Nepean und ein Unteroffizier in leiser Beratung beieinanderstanden.
Leroux machte keine uberflussigen Worte.»Das ist Corporal Manners, Sir, ein in jeder Hinsicht erfahrener Soldat. Er hat den Vortrupp gefuhrt. «Ernst blickte er Bolitho an. Moglichst ruhig, obwohl hier bestimmt etwas sehr schiefgegangen war, fragte dieser:»Ihr Vortrupp hat die Rinne erreicht?»
Leroux nickte.»Berichten Sie dem Kommodore, Manners.»
Der Marine-Infanterist sprach Cornwalldialekt, Heimatklange fur Bolitho.»Die Rinne ist schon da, Sir. Aber da mu? 'n gro?er Einsturz gewesen sein. Es geht fast senkrecht hinunter, hoch wie die Wand einer Kathedrale. Ich war namlich Hauer im Zinnbergwerk in Cornwall, ehe ich anmusterte, Sir.»
«Dann wissen Sie, wovon Sie reden. «Bolitho sah an ihnen vorbei und suchte das Unerwartete zu verarbeiten.
«Ich konnte ja probieren, an 'ner Wurfankerleine hinunterzu-klettern, Sir.»
Bolitho schuttelte den Kopf.»Im Dunkeln ist das zu gefahrlich. «Er blickte Leroux an.»Was meinen Sie?»
«Es wurde Stunden dauern«, antwortete der Major.»Und selbst wenn wir es schafften, waren die Manner hinterher zu erschopft fur ein Gefecht.»
«Und die Lysander ware schon in der Bucht.»
Verzweiflung uberkam Bolitho. Blind war er gewesen und zu dumm, ein naturliches Hindernis einzuplanen, das alle Vorbereitungen zu blo?er Zeitvergeudung machte und nur unnutz Menschenleben kostete. Er hatte sich auf die sparlichen Angaben der Karte und auf seinen Ubereifer verlassen. Und auf — er stie? sich an dem Wort — auf seinen Rachedurst.
«Wir mussen die Rinne umgehen, Sir. «Leroux blickte ihn gespannt an; er war ebenso betroffen.»Jedoch…»
«Eben, Major Leroux. Dieses >jedoch< ist das Problem.»
Leutnant Nepean warf ein:»Dann umgehen wir eben die Verteidigungsanlagen der Bucht und sturmen die Batterie von der Landseite her, Sir.»
Leroux seufzte.»Geben Sie durch an Sergeant Gritton: Weitermarsch hinter dem Vortrupp her. Etwas anderes bleibt uns jetzt auch gar nicht mehr ubrig, Sir«, sagte er leise zu Bolitho. Es hatte wie ein Vorwurf klingen konnen, aber es war keiner.
Gilchrists lange Gestalt tauchte aus dem Dunkel auf.»Ich hore, wir konnen nicht durch die Rinne, Sir.»
«Stimmt. «Bolitho versuchte zu erkennen, wie Gilchrist darauf reagierte.»Also mussen wir doch unseren Gewaltmarsch machen.»
Wieder stapften die Marine-Infanteristen an ihm vorbei, die Musketen umgehangt; jeder starrte mit gebeugtem Kopf auf die Beine seines Vordermannes. Die meisten wu?ten gar nicht, warum sie uberhaupt hier waren. Aber sie hatten Vertrauen. Es war, als riefe ihm jemand dieses Wort zu. Das war alles, was sie hatten, und er hatte es enttauscht.
«Ich mache mir nur Sorgen um das, was danach kommt, Sir«, sagte Gilchrist dumpf, wandte sich um und nahm seinen Platz an der Spitze der nachsten Gruppe wieder ein.
«Dieser Mann fallt mir auf die Nerven, Sir«, knurrte Leroux.
Bolitho blickte ihn von der Seite an.»Dienstlich ist Captain Herrick durchaus mit ihm zufrieden.»
Leroux hieb mit seinem Sabel nach einem Busch.»Ich rede nicht gern uber andere Leute hinter ihrem Rucken.»
«Erinnern Sie sich noch an Ihr Wort von vorhin, Major?«Wieder ein wutender Hieb Leroux' nach einem Strunk Heidekraut. »Jedoch…»
«Ich wei?, da? Captain Herrick schon fruher mit Ihnen gefahren ist, Sir. Das ganze Geschwader wei? es. Er ist ein feiner Mann und gerecht. Auf einem Linienschiff beides zusammen zu sein, ist gar nicht so leicht.»
«Da haben Sie vollkommen recht, Major. Thomas Herrick ist seit der amerikanischen Revolution mein Freund. Er hat mir mehr als einmal das Leben gerettet.»
«Und Sie ihm auch, mochte ich annehmen, Sir. «Leroux warf einen raschen Blick auf die Reihe seiner keuchenden Seesoldaten.»Herrick hat eine Schwester, wissen Sie das, Sir?»
«Ja. Das arme Madchen hat viel auszuhalten. Auch das wei? ich.»
«Ja, sie ist gelahmt. Ich habe sie kennengelernt, als ich fur Cap-tain Herrick in Kent war, bei der Neuausrustung der Lysander. So ein hubsches Madchen, aber mit gelahmten Gliedern — ein herzzerrei?ender Anblick. Mr. Gilchrist ist mit ihr verlobt«, schlo? er langsam.
Bolitho packte den Degengriff fester und starrte in die Dunkelheit, bis ihm die Augen schmerzten. Er war so mit seinen eigenen Angelegenheiten beschaftigt gewesen, da? er sich um die ubrige Welt, um die Welt Herricks, uberhaupt nicht gekummert hatte. Herrick hatte seine dienstliche Laufbahn als armer, unprivilegierter Mann begonnen. Im Vergleich zu Offizieren wie Farquhar — oder schlie?lich auch zu ihm, Bolitho, selbst — war er immer noch arm. Im Lauf der Jahre hatte er sich zwar etwas erspart, seine mageren Prisengelder mit dem Bonus bei seiner Beforderung zum Fregattenkapitan etwas aufgebessert, aber von einem Vermogen konnte nicht die Rede sein.
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