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Der Stolz der Flotte: Flaggkapitan Bolitho vor der Barbareskenkuste - Kent Alexander - Страница 3
Es hatte auch Freiwillige gegeben, meistens Manner aus Cornwall, die Bolithos Namen und Ruf kannten, doch waren viele darunter, die ihn nie im Leben personlich gesehen hatten.
Im Grunde war er mit der Euryalus dienstlich ein gutes Stuck vorwartsgekommen, wie er sich damals oft gesagt hatte. Sie war ein gro?artiges und noch dazu neues Schiff. Au?erdem war dieses Kommando sowohl eine offene Anerkennung seiner bisherigen Leistungen als auch das Sprungbrett zu weiterer Beforderung. Von so etwas traumte jeder ehrgeizige Marineoffizier; und in einer Laufbahn, bei der das Avancement oftmals vom Tode eines Ranghoheren abhing, mu?te die Euryalus Bewunderung und Neid bei denen erregen, die weniger Gluck hatten.
Doch fur Bolitho bedeutete sie noch etwas mehr, etwas sehr Personliches. Wahrend er die Karibische See durchstreifte und dann zu jener letzten Schlacht in die Biskaya zurucksegelte, hatte ihn die Erinnerung an Cheney, seine Frau, gequalt, die unterdessen in Cornwall gestorben war; er war in ihrer Todesstunde, als sie ihn am notigsten gebraucht hatte, nicht bei ihr gewesen. Er hatte zwar nichts tun konnen, dessen war er sich bewu?t. Die Kutsche war umgesturzt; Cheney war dabei ums Leben gekommen, und ihr ungeborenes Kind auch. Es hatte nichts genutzt, wenn er dabeigewesen ware. Und doch lie? ihn der Gedanke daran nicht los, und er zog sich von seinen Offizieren und der Mannschaft so sehr zuruck, da? er zu allem anderen auch noch unter seiner Einsamkeit litt.
Und jetzt war er wieder zu Hause, in Falmouth. Das gro?e, graue steinerne Haus wartete auf ihn wie immer, wie es auf alle anderen vor ihm gewartet hatte. Doch nun wurde es ihm leerer denn je vorkommen.
Aufstampfend nahm der vor der Kajutentur Posten stehende MarineInfanterist Haltung an, die Augen starr auf einen Punkt uber Bolithos Schulter gerichtet. Wie ein Spielzeugsoldat sah er aus mit seinem ausdruckslosen Gesicht und dem scharlachroten Uniformrock.
Das Sonnenlicht stach durch die gro?en Heckfenster und warf zahllose Reflexe uber die Tafelung und die dunklen Mobel. Der grauhaarige Sekretar des Admirals war damit beschaftigt, allerlei Papiere durchzusehen und sie in einem langen Metallbehalter zu verstauen. Er machte Miene aufzustehen, aber Bolitho schuttelte nur den Kopf und schritt langsam zur anderen Seite der Kajute. Er horte, wie sich der Admiral in seiner Schlafkammer nebenan bewegte, und konnte sich vorstellen, was ihm wahrend dieser letzten Stunden an Bord seines Flaggschiffes durch den Kopf ging.
Am Schott hing ein Spiegel; Bolitho blieb einen Moment stehen, prufte sein Aussehen und zog sich den Rock zurecht wie vor der Musterung durch einen kritischen Vorgesetzten.
Er konnte sich immer noch nicht an die neue Uniform-Mode gewohnen, an die schweren Goldepauletten, die seinen Rang als Kapitan hoherer Dienstalterstufe bezeichneten. Es kam ihm vollig verkehrt vor, da? in einem Land, welches sich im schwersten Krieg seiner Geschichte befand, neue Rangabzeichen entworfen und hergestellt wurden. Letzten Endes diente dergleichen doch nur dem personlichen Schmuckbedurfnis; diese Leute hatten sich lieber etwas Neues auf dem Gebiet der Strategie und Taktik einfallen lassen sollen, fand er.
Er strich die rebellische Haarlocke aus der Stirn, die ihm immer wieder uber das rechte Auge fiel. Unter ihr erstreckte sich bis in den Haaransatz hinein die grausame Narbe, die ihn nie vergessen lie?, da? er damals dem Tode so nahe gewesen war. Aber sein Haar war noch schwarz; nicht eine graue Strahne deutete an, da? er vierzig Jahre alt war, von denen er achtundzwanzig auf See verbracht hatte. Als er jetzt ein bi?chen lachelte, wirkte sein Mund etwas weicher und verlieh seinen gebraunten Zugen den Ausdruck jugendlicher Unbekummertheit. Er wandte sich von seinem Spiegelbild ab, wie man einen Untergebenen entla?t, mit dem man zufrieden ist.
Die Tur der Schlafkajute offnete sich, und der kleine Admiral schritt unsicher auf einen schwankenden Flecken Sonnenlicht zu.
«Wir werden in einer knappen Stunde Anker werfen, Sir«, sagte Bo-litho.»Ich habe entsprechenden Befehl gegeben, so da? Sie an Land gehen konnen, sobald es Ihnen genehm ist. «Plotzlich fielen ihm die langen Meilen auf schlechten, holperigen Stra?en ein, die Schmerzen und Unbequemlichkeiten, die der Admiral auszuhalten hatte, bis er in seinem Heim in Norfolk war.»Mein Haus steht Ihnen selbstverstandlich so lange zur Verfugung, wie Sie es wunschen, Sir.»
«Danke. «Der Admiral ruckte die Schultern in dem schweren Rock zurecht.»Im Kampf fur sein Vaterland zu fallen, ist eine Art zu sterben, aber…«Er seufzte und lie? den Rest ungesagt.
Bolitho sah ihn ernst und nachdenklich an. Er hatte den Admiral schatzengelernt, seine gemessene Anteilnahme, seine Menschlichkeit gegenuber den Angehorigen des kleinen Geschwaders.
«Wir werden Sie vermissen, Sir«, sagte er. Es war ganz ehrlich gemeint, und doch empfand er seine Worte als unangebracht.»Ich vor allem schulde Ihnen sehr viel, wie Sie wissen.»
Der Admiral kam um den Tisch herum. Neben Bolithos hoher schlanker Gestalt wirkte er sehr alt und sehr wehrlos seinem Schicksal gegenuber. Nach einer kleinen Pause erwiderte er:»Sie schulden mir gar nichts. Ohne Ihre Loyalitat ware ich schon ein paar Wochen, nachdem ich meine Flagge hier gehi?t hatte, erledigt gewesen. «Er hob die Hand.»Nein, lassen Sie mich ausreden. Viele Flaggkapitane hatten meine Krankheit ausgenutzt, um sich personliche Vorteile zu verschaffen und vor den Hochstkommandierenden ihre Unentbehrlichkeit zu beweisen. Doch Sie haben immer nur gegen die Feinde des Vaterlandes gekampft und sich mit ganzer Kraft fur Ihre Untergebenen eingesetzt; wenn Sie auch ab und zu Ihre eigenen Interessen wahrnehmen wurden, dann hatten Sie bestimmt schon langst den Rang, den Sie verdienen. Es ist keine Schande, da? Sie sich nicht genugend um Ihren personlichen Aufstieg gekummert haben, aber es ist ein Verlust fur England. Vielleicht wird Ihr neuer Admiral ebenso wie ich zu schatzen wissen, was Sie fur ein Mann sind, und wird besser als ich imstande sein, Ihre. «Ein Hustenanfall unterbrach seine Rede; er pre?te das blutige Taschentuch vor den Mund, bis der Krampf voruber war.»Sorgen Sie dafur«, sagte er muhsam,»da? mein Sekretar und mein Steward rechtzeitig an Land gehen. Ich komme gleich an Deck. «Er wandte den Kopf ab.»Aber jetzt mochte ich ein Weilchen allein sein.»
Stumm und nachdenklich ging Bolitho wieder hinauf an Deck. Der Himmel war jetzt klar und hellblau, die See vor der nachsten Landzunge blinkte und glitzerte. Dieses Wetter, dachte er, wurde es dem Admiral nur noch schwerer machen, von Bord zu gehen.
Er uberschaute das Oberdeck in seiner ganzen Lange, sah die Matrosen an den Brassen, die Toppsgasten, die schon auf die Rahen ausgeschwarmt waren und sich schwarz vom klaren Himmel abhoben. Die Euryalus machte kaum Fahrt, da nur noch Mars- und Kluversegel standen; der breite Rumpf stampfte leicht, als wolle er prufen, wieviel Wasser er noch unterm Kiel hatte. Wer von der Mannschaft nichts zu tun hatte, spahte zur Kuste mit den sauberen Hausern und den grunen Hugeln hinuber. Die Hugel waren mit winzigen Kuhen gesprenkelt; unter den Mauern von Pendennis Castle grasten Schafherden.
Stille hing uber dem Schiff, nur vom Klatschen des Wassers gegen die Luvseite, vom taktma?igen Quietschen der Takelage, vom Flustern der Segel hoch oben unterbrochen. Der weitaus gro?te Teil der
Besatzung wurde nicht an Land gehen durfen, das wu?ten die Manner ganz genau. Und doch war es wie ein Nachhausekommen; jeder Seemann empfand das so, selbst wenn er es sich nicht erklaren konnte.
Bolitho lie? sich von einem Midshipman ein Teleskop geben und studierte die Kustenlinie. Er verspurte das bekannte Ziehen im Herzen dabei. Ob wohl seine Haushalterin und Ferguson, sein Verwalter, wu?ten, da? er kam, und ob sie jetzt das langsame Naherkommen des Dreideckers beobachteten?
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