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Der Piratenfurst: Fregattenkapitan Bolitho in der Java-See - Kent Alexander - Страница 3
hatte sich dort den Revolutionaren angeschlossen und ein Kaperschiff gegen die Englander gefuhrt. An dieser Nachricht war sein Vater gestorben, ganz gleich, was der Doktor als Todesursache genannt hatte.
Bolitho fa?te sein Glas fester. Einen gro?en Teil seiner Prisengelder hatte es gekostet, das Land zuruckzukaufen, das sein Vater hatte verau?ern mussen, um Hughs Schulden zu bezahlen. Aber seine Ehre konnte er nicht zuruckkaufen. Gut, da? Hugh tot war. Hatten sie sich je getroffen — Richard Bolitho hatte seinen Bruder umbringen konnen fur das, was er getan hatte.
«Noch Wein?«Winslade schien selbst in Gedanken gewesen zu sein.»Sie segeln also zunachst nach Madras. Dort melden Sie sich bei… Nun, das lesen Sie noch in Ihrer Segelorder. Hat keinen Sinn, es jetzt schon bekanntzugeben. Konnte ja sein, Sie kriegen Ihr Schiff doch nicht voll bemannt, eh?»
«Ich schaffe es schon, Sir. Und wenn ich personlich nach Corn-wall fahren mu?.»
«Das wird hoffentlich nicht notig sein.»
Winslade wechselte das Thema.»Wahrend des amerikanischen Krieges haben Sie wahrscheinlich gemerkt, da? die Zusammenarbeit zwischen den militarischen und den zivilen Dienststellen sehr zu wunschen ubrig lie?. Die Truppen kampften, schlugen ihre Schlachten und vertrauten auf keine der beiden Instanzen. Dazu darf es nicht wieder kommen. Ihr neuer Auftrag mu?te eigentlich von einem ganzen Geschwader ausgefuhrt werden und unter der Flagge eines Admirals. Aber das wurde Aufsehen erregen, und gerade das will das Parlament angesichts der Unsicherheit dieses Friedens vermeiden. «Winslade schwieg einen Moment; dann fragte er unvermittelt:»Wo wohnen Sie in London?»
«In Southwark, im Hotel George.»
«Ich gebe Ihnen eine Adresse: das Haus eines Freundes am St. James' Square. «Er lachelte uber Bolithos bedenkliche Miene.
«Machen Sie doch nicht so ein finsteres Gesicht! Es wird Zeit, da? Sie unter Menschen kommen und sich an Land etwas Ruckendeckung sichern. Dieser Auftrag kann Sie mit anderen Leuten in Beruhrung bringen als mit abgeklapperten Stabskapitanen. Sie mussen die richtigen Leute kennenlernen, das kann Ihnen nur nutzen. Ich schicke einen Kurier mit Instruktionen fur Ihren Ersten Leutnant. «Er warf Bolitho einen raschen Blick zu.»Herrick, nehme ich an, von Ihrem letzten
Schiff.»
«Jawohl, Sir. «Er war sich nie im Zweifel daruber gewesen, wem er diesen Posten anbieten wurde, wenn er je wieder ein Schiff bekame.
«Na schon, Mr. Herrick also. Er kann die anfallenden Sachen erledigen. Ich brauche Sie fur die nachsten vier Tage in London. Mindestens!«bekraftigte er, als er den Protest in Bolithos Miene sah. Nachdenklich blickte der Admiral ihn sekundenlang an. Gewi?, Bolitho wollte so schnell wie moglich wieder auf sein Schiff und fuhlte sich in der fremden, verwirrenden Umgebung unsicher. Das und noch mehr stand ihm im Gesicht geschrieben. Als Bolitho vorhin ins Zimmer trat, war dem Admiral die Ahnlichkeit mit dem Vater aufgefallen: gro?, schlank, das schwarze Haar am Nackenansatz zusammengebunden. Jedoch die schwarze Locke uber dem rechten Auge erzahlte eine andere Geschichte. Einmal, als Bolitho sein Glas hob, war sie verrutscht, so da? darunter eine wei?liche Narbe sichtbar wurde, die sich bis in den Haaransatz hineinzog. Winslade war mit seiner Wahl sehr zufrieden. Bolithos ernste Zuge verrieten Intelligenz und auch Mitgefuhl, das sogar in sieben Kriegsjahren nicht geschwunden war. Winslade hatte sich seinen Mann aus hundert Kapitanen aussuchen konnen, aber er wollte einen haben, der ein Schiff und das Meer brauchte und nicht blo? die materielle Sicherheit, die eine solche Stellung mit sich brachte. Und er brauchte einen Mann, der nicht nur denken, sondern auch entsprechend handeln konnte, der sich nicht einfach auf die Feuerkraft seiner Breitseiten verlie?. Bolithos Personalakte bewies deutlich, da? ihm eine schriftliche Order nicht die eigene Initiative ersetzte. Mehrere Admirale hatten gemurrt, als Winslade ihn fur dieses Kommando vorschlug. Aber Winslade hatte seinen Kopf durchgesetzt, denn er hatte das Parlament hinter sich, und das war ebenfalls eine Seltenheit.
Mit einem Seufzer griff er nach der Tischglocke.»Gehen Sie jetzt, und leiten Sie Ihren Umzug in die Wege — ich gebe Ihnen gleich die Adresse. Im ubrigen habe ich viel zu tun, also amusieren Sie sich ruhig, so lange Sie konnen!»
Auf sein Lauten erschien ein Diener, brachte Bolithos Hut und Degen und legte ihm geschickt das Gehange um. Winslade sah aufmerksam zu.»Immer noch dieselbe alte Klinge, wie?»
Er fa?te den Degen an — eine in langem Dienst glattgewetzte Waffe und viel leichter als die modernen Degen.
«Aye, Sir«, lachelte Bolitho.»Mein Vater gab ihn mir, als… »
«Ich wei?. Denken Sie nicht mehr an die Geschichte mit Ihrem Bruder, Bolitho. «Er tippte nochmals an den Degengriff.»Ihre Familie hat in vielen Generationen so viel Ehre angesammelt, da? sie durch einen einzelnen nicht entehrt werden kann. «Er hielt ihm die Hand hin.»Seien Sie vorsichtig. Sicher zerrei?en sich schon manche Leute den Mund uber Ihren heutigen Besuch bei mir.»
Bolitho trat hinter dem Diener auf den Flur und dachte unruhig uber die verschiedenen Gesichtspunkte der Unterredung nach. Madras… Ein fremder Kontinent… Eine lange, schwierige Reise, aber offenbar nur der Anfang seiner Mission.
Jede Meile, die er segelte, wurde ihre Schwierigkeiten bringen, dachte er lachelnd. Und ihren Lohn. Er blieb einen Augenblick unter dem Torbogen stehen und starrte auf das Gewimmel der Menschen und Wagen. Bald wurde er wieder auf dem offenen Meer sein, nicht mehr in diesem Schmutz und Larm! Ein Schiff war ein lebendiges Wesen, etwas ganz anderes als diese langweiligen, pomposen Bauwerke.
Jemand beruhrte seinen Arm. Er fuhr herum und sah einen jungen Mann in schabiger Uniform, der ihn mit banger Erwartung anblickte.»Ja, bitte? Sie wunschen?»
«Mein Name ist Chatterton, Captain«, sagte der Mann gepre?t.»Ich war Zweiter Leutnant auf der Warrior, vierundsiebzig Geschutze. «Er zogerte, als er Bolithos ernste Miene sah.»Ich hore, Sie rusten aus, Sir, und da dachte ich… »
«Tut mir leid, Mr. Chatterton. Meine Offiziersmesse ist voll.»
«Ja, Sir, das dachte ich mir. «Er schluckte.»Vielleicht konnte ich als Steuermannsmaat anmustern?»
Bolitho schuttelte den Kopf.»Leider brauche ich nur Matrosen. «Enttauschung verdusterte die Miene des jungen Mannes. Die alte Warrior hatte bei kaum einer Seeschlacht gefehlt; tapfere Manner hatten voller Stolz ihren Namen genannt. Und jetzt stand ihr Zweiter Leutnant wie ein Bettler da.
«Wenn ich Ihnen aushelfen kann«, sagte Bolitho leise,»eine kleine Uberbruckung… «Er fa?te in die Tasche.»Danke, nein, Sir. «Der junge Mann zwang sich ein Lacheln ab.»Jedenfalls jetzt noch nicht. «Er stellte seinen Rockkragen hoch. Im Weggehen rief er noch:»Viel Gluck, Captain!»
Bolitho sah ihm nach, bis er um die Ecke war. So hatte es auch Herrick gehen konnen, dachte er. Und jedem von uns.
Der immer steifer werdende Sudost peitschte den Solent[2] zu einer einzigen Masse kabbeliger, schaumgekronter Wellen auf, und die Undine, Fregatte Seiner Majestat, zerrte trotzig an ihrer Ankerkette.
Leutnant Thomas Herrick stellte den Kragen seines schweren Wachmantels hoch und nahm seinen Gang uber das Achterdeck wieder auf. Er kniff die Augen zusammen, um sie vor dem Gemisch aus Regen und Spruhwasser zu schutzen. Im feuchten Zwielicht sah die straffgespannte Takelage aus wie ein Gewirr schwarzer Glasrohren.
Trotz des schlechten Wetters herrschte lebhafter Betrieb an Deck, ebenso langsseits in den schwankenden Versorgungsbooten und Leichtern. Hier und da, auf den Decksgangen und im Bug des Schiffes, setzten die roten Uniformen der Wache stehenden Seesoldaten dem alles beherrschenden truben Grau ein paar farbige Lichter auf. Die Marineinfanteristen sollten dafur sorgen, da? die von den Booten und Leichtern ubernommenen Lebensmittel und Ausrustungsgegenstande nur in einer Richtung gingen und nicht durch eine offene Luke im Tausch gegen billigen Schnaps und andere Genusse wieder an Land gelangten.
2
Meerenge zwischen Portsmouth und der Isle of Wight (der Ubersetzer).
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