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Fieber an Bord: Fregattenkapitan Bolitho in Polynesien - Kent Alexander - Страница 26
Anschein.
Viola hatte gesagt:»Ein Mann ohne Barmherzigkeit und ohne die geringsten Skrupel. Seine Sprache war so ordinar wie er selbst. Er demutigte mich, vergewaltigte mich mit Worten. Er weidete sich an meiner Hilflosigkeit und meiner volligen Abhangigkeit von ihm, ob ich am Leben bleiben oder sterben wurde. Aber wegen der Bedeutung meines Mannes als ihre Geisel blieb ich vor dem Los der anderen bewahrt.»
Unwillkurlich beschleunigten sich Bolithos Schritte, und sein Magen zog sich zusammen, als stunde er bereits im Nahkampf mit diesem Piraten.
Der Schoner und sein Begleitschiff, falls er eines hatte, hielten sich wohl irgendwo versteckt. Sicher genossen sie hamisch ihren Erfolg und die Frauen, die sie bei ihrer ersten Fahrt verschleppt hatten. Eine nicht allzuweit entfernte Insel oder Inselgruppe kam dafur in Frage. Die Karte hatte Bolito nichts verraten, und die gefangenen Piraten kaum mehr. Sie waren typisch fur ihr Gewerbe, durch Mord und ein hartes Leben brutalisiert. Ihre Anfuhrer mochten Beute machen und reich werden, aber Manner wie sie lebten von der Hand in den Mund und wie die Wilden, die sie waren. Selbst Drohungen lie?en sie unberuhrt. Sie wu?ten, da? sie auf jeden Fall am Galgen sterben mu?ten. Gefoltert werden wurden sie nicht, und ihre Angst vor Tuke war sogar im Schatten des Henkers gro?er als vor allem anderen. Einschlie?lich des ungluckseligen Haggard, der dem Hai zum Opfer gefallen war, hatte Bolitho drei Leute verloren. Wenn man die Dunkelheit und die unbekannten Verhaltnisse auf dem Schiff in Betracht zog, war dies ein Wunder. Und es sah so aus, als ob die Verletzten sich in wenigen Wochen erholen wurden. Das Risiko war gerechtfertigt gewesen. Die Au?entur der Kajute wurde geoffnet, und James Raymond trat ein. Er trug ein frischgewaschenes, sauberes Hemd und einen anstandigen grunen Rock und zeigte kaum Spuren des Durchlittenen. Einige Sekunden lang blieb er stehen und blickte Bolitho ausdruckslos an. Er war etwa im gleichen Alter wie der Kommandant, aber sein Gesicht, fruher einmal gut geschnitten, wurde durch ein standiges Stirnrunzeln entstellt. Ubellaunigkeit, Mi?mut, Anma?ung, alles verriet sich darin.
Raymond trat auf, als ob das Schiff ihm gehorte, seit er aus seinem winzigen Gela? befreit worden war. Funf lange Jahre war Bolitho ihm nicht mehr begegnet. Die ganze Zeit uber hatte er angenommen, Raymonds Weg nach oben sei durch dessen Tatigkeit in Indien gefordert worden, durch seinen Verrat an dem Gouverneur, den zu beraten sein Auftrag gewesen war.
Jetzt erschien alles in einem anderen Licht. Wahrend Bolitho auf See gewesen war, unzufrieden, weil er den Schauplatzen gro?er Ereignisse ferngehalten wurde, war Raymond schmahlich zur Bedeutungslosigkeit abgeglitten. Die Position, die er jetzt ubernehmen sollte, schien sogar noch geringfugiger zu sein als jene, die er vor funf Jahren innegehabt hatte. Doch eine Reaktion auf diesen Sachverhalt lie? sich nicht erkennen.
Raymond bemerkte kuhl:»Sie schreiben wohl noch an Ihren Berichten, Captain?»
«Ja, Sir. «Bolitho sah ihn fest an und versuchte, den Zorn zu verbergen, den er gegen diesen Mann empfand.»Hinter der Sache steckt mehr, als ich zunachst vermutet habe.«»Tatsachlich?«Raymond ging zum Fenster und blickte zu der Fregatte hinuber.
«Dieser Tuke. «Bolitho hielt inne; schon einmal hatte er Raymond zuviel anvertraut. Er sagte:»Schon allein mit der Beute aus diesem Schiff kann er sich koniglich ausstatten.«»Soso. «Raymond drehte sich um, sein Gesicht lag im Schatten.»Ein Jammer, da? Sie ihn und seine verdammte Bande nicht stellen und vernichten konnten.«»Das stimmt.»
Bolitho beobachtete, wie Raymond die Hande an seinen Seiten offnete und schlo?. Er war weniger gelassen, als er scheinen wollte. Was wurde geschehen, wenn sie erst den Hafen erreichten, welche Darstellung der Ereignisse wurde Raymond geben? Nach allem, was Bolitho bisher erfahren hatte, hatte Raymond klaglich um sein Leben gefleht, als Tukes Leute die Eurotas in Besitz nahmen. Man mu?te hoffen, da? Raymond um seiner personlichen
Sicherheit willen keine Geheimnisse preisgegeben hatte. Die Sudsee zog die Flaggen von einem Dutzend Landern an, die immer auf der Suche nach mehr Handel, mehr Einflu?, mehr Territorien waren.
Vielleicht wu?ten die Verantwortlichen in Sydney mehr, als sie gesagt hatten. Bolitho hoffte es, denn solange nur die Tempest und die uberalterte Hebrus die Autoritat des Konigs reprasentierten, konnte jede zusatzliche Bedrohung in diesen ausgedehnten Gewassern verhangnisvoll sein. Raymond sagte klagend:»Ich habe sehr viel Geld eingebu?t. Diese verdammten Schurken…«Er brach ab, seine Enthullungen brachten ihn offenbar selbst aus der Fassung.»Ich werde dafur sorgen, da? sie alle hangen!«Viola Raymond offnete die Tur und stutzte sich mit einer Hand am Rahmen, als das Schiff stark uberholte. Bolitho bemerkte die steife Haltung ihrer Schultern und spurte wieder den Zorn in sich aufwallen. Tuke hatte die Spitze eines erhitzten Messers gegen ihre nackte Haut gedruckt: sein Brandmal. Es mu?te ein gra?licher Schmerz gewesen sein.
Viola fragte:»Wen willst du an den Galgen bringen, James?«Und ihre Verachtung offen zeigend:»Als Mann der Tat kann ich mir dich nicht vorstellen. «Raymond entgegnete schroff:»Hor auf. Deine Dummheit hatte uns alle das Leben kosten konnen. Wenn du… «»Wenn sie nicht so klug reagiert hatte, waren die meisten Gefangenen und alle loyalen Manner bei lebendigem Leib mit diesem Schiff verbrannt. «Bolitho wandte sich Raymond zu.»Vielleicht hatte man Sie ja verschont, das kann ich nicht sagen. Aber den Tod so vieler gegen Geld und privaten Plunder abzuwagen, erscheint mir hochst unangemessen. «Er blickte fort, spurte Raymonds Ha? und Violas Mitgefuhl.»Auch ich habe ein paar gute Leute verloren. Haben Sie schon an die gedacht? Wissen Sie, ob der junge Haggard, der einem Hai zum Opfer fiel, nicht eine Familie oder eine Witwe in England hinterla?t?«Er hob die Schultern.»Vermutlich sollte ich diese Gleichgultigkeit allmahlich gewohnt sein, aber sie druckt mir immer wieder die Kehle zu.»
Rauh sagte Raymond:»Eines Tages, Bolitho, werde ich dafur sorgen, da? Sie Ihre Unverschamtheiten bedauern. Ich bin nicht blind und auch kein Narr. «Viola fragte:»Begleiten Sie mich an Deck, Captain?«Und zu ihrem Mann:»Fur einen Tag habe ich genug ertragen. «Als sie hinausgingen, schlug Raymond die Tur mit solcher Gewalt zu, als wolle er sie aus den Angeln rei?en. Im Dammerlicht des Ganges blieb Bolitho stehen und fa?te nach Violas Handgelenk.
«Schon drei Tage! Ich kann es nicht ertragen, dich mit ihm zusammenzusehen. Vielleicht hatte ich auf mein Schiff zuruckkehren und einen Leutnant hier mit dem Kommando betrauen sollen. Es wird noch drei Wochen dauern, ehe wir Land sehen.»
Ihre Haut unter seinem Griff war weich und warm. Sie sah zu ihm auf, ihr Blick war fest.»Und ich habe funf Jahre lang gewartet und gehofft. Wir haben es falsch gemacht. Wir hatten es wagen, mit den Konventionen brechen sollen. «Sie hob die Hand zu seinem Gesicht.»Ich habe nichts vergessen, nicht einmal den besonderen Geruch, den du an dir hast: nach Schiffen und Salz. Ich hatte mich eher zu den Haifischen, die deinen armen Matrosen umgebracht haben, ins Wasser gesturzt, als mich diesem Ungeheuer Tuke zu unterwerfen.»
Bolitho horte das Schlagen einer Glocke, anschlie?end das Klatschen von nackten Fu?en, als die Wache wechselte. Ross oder Keen konnten jeden Augenblick kommen. Er sagte:»Sei vorsichtig, Viola. Du hast dir deinen Mann zum erbitterten Feind gemacht.»
Sie hob die Schultern.»Dazu hat er sich selbst gemacht. Er ruhrte keinen Finger, um mich zu beschutzen. «Allday kam laut polternd die Treppe herunter und warf ihnen einen kurzen Blick zu.
Viola fragte ruhig:»Und was sehen Sie voraus, Allday?«Sie lachelte ihm zu.»Auch noch mehr Probleme?«Allday kratzte sich am Kopf. Viola Raymond war Teil einer Welt, der er nie angehort und nur selten getraut hatte.»Sturmboen, Ma'am. Ich sehe sehr viele kommen. Aber ich habe keinen Zweifel, da? wir es schaffen.»
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