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Die Feuertaufe: Richard Bolitho - Fahnrich zur See - Kent Alexander - Страница 25
Taylor rannte zum zweiten Geschutz. Sein Gesicht war vor Konzentration ganz verzerrt. Auf die wutenden Zeichen seines teerigen Daumens hebelte hier ein Matrose seine Handspeiche, holte ein anderer eine Talje an.
Er kauerte sich hinter das Rohr, die Augen zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen, und flusterte heiser:»So. . Sachte! Na komm schon, meine Kleine!»
Die Lunte zundete, und mit knirschendem Krachen schleuderte der Rucksto? das Geschutz innenbords; wie erstickender, dichter Nebel wirbelte der Pulverrauch ins Schiff. Gebannt starrte Bolitho hin. Es schien eine Ewigkeit zu dauern — in Wirklichkeit waren es nur Sekunden. Und dann, als der sorgfaltig gezielte Schu? den Bug der Fregatte traf, rissen der straffgefullte Kluver und das Stagsegel wie alte Lumpen von oben bis unten auseinander.
Die Wirkung zeigte sich im selben Augenblick. Es hatte die Pegaso mitten in der Halse erwischt; die Segel waren sowieso durcheinander, das Schiff rollte hilflos in einem tiefen Wellental, und als es dem Ruder wieder gehorchte, waren die Stuckpforten unter Wasser.
Bolitho horte Rufe in Lee, und als er mit staubtrockener Kehle hinrannte, sah er eine algenbewachsene Klippe an der Bordwand der Sandpiper entlanggleiten, nur einen oder zwei Meter entfernt. In diesen Sekundenbruchteilen erkannte er ganz deutlich die abgeschliffene Form des Felsens, und sogar ein paar winzige schwarze Fische, die es trotz Wind und Stromung fertigbrachten, unbeweglich im Schutz des Riffes stehenzubleiben — dieses Riffes, das einem Schiff so schnell den Kiel herausrei?en konnte, wie man von einer Orange einen Streifen Schale ablost.
Er warf einen raschen Blick zu Dancer hinuber. Der war totenbla? und hatte die Augen weit aufgerissen; er lehnte sich weit uber Bord, um die Fahrt des Gegners zu beobachten, und war vom Spruhwasser vollig durchweicht.
Die Pegaso schwankte wie von einer Gegenbo getroffen, und als sie sich wieder aufrichtete, knickte die Bramstenge des Hauptmastes ab und sturzte hinunter an Deck; zwischen den Wanten baumelte ein Gewirr von Takelage und Segelfetzen. Unglaubig schrie Starkie:»Sehen Sie das? Sie mu? auf ein Riff gelaufen sein!«Er krachzte vor Aufregung und Erschutterung.»Voll aufgelaufen, bei Gott!»
Bolitho konnte die Augen nicht abwenden. Die Fregatte mu?te genau in dem Moment, als sie beim Halsen die Kraft ihrer Vorsegel verloren hatte, auf die Klippe geknallt sein. Um diese paar Meter war es gegangen. Er konnte sich gut vorstellen, was jetzt da druben fur ein Durcheinander herrschte, wie die Manner in den Schiffsraum schwarmten, um das Ausma? der Havarie festzustellen.
Wenn der Schaden so gro? war, da? ein Mast abknickte, dann mu?te die Fregatte auch erheblich leckgeschlagen sein, dachte er. Und trotzdem kam sie noch weiter auf, er sah es, seine Augen schmerzten in den flirrenden Sonnenreflexen; da leckte aus dem Buggeschutz eine gelbrote Flammenzunge heraus, und er spurte, wie die Kugel hinter ihm vorbeiheulte und krachend ins Achterdeck schlug wie die Axt eines Riesen.
Tauwerk und Splitter wirbelten uber das ganze Deck. Er sah, wie drei Matrosen gegen das Schanzkleid geschmettert wurden; ihre Schreie verloren sich im Wind, und aus ihren zuckenden Leibern scho? das Blut an Deck und zeichnete unheimliche Muster auf die Planken.
Noch eine Kugel — sie schlug in flachem Winkel gegen die Rumpfbeplankung und prallte ab, auf die See hinaus; das Schiff baumte sich wie ein Pferd, das seinen Reiter abwerfen will.
«Zu den Verwundeten!«brullte Bolitho.»Mr. Eden soll sie unter Deck schaffen!»
Auf einmal mu?te er an Edens Vater in seiner kleinen Offizin denken, wo er Gicht und Magenbeschwerden kurierte. Was der wohl gedacht hatte, wenn er jetzt sehen konnte, wie sein zwolfjahriger Sohn versuchte, einen stohnenden Matrosen zur Kampanjeleiter zu zerren, wo jeder Fu?breit Wegs von Blut und Schmerzen gezeichnet war!
Verzweifelt sagte Dancer:»Die wollen uns entern!«Aber er zuckte nicht einmal, als eine Kanonenkugel ubers Achterdeck flog und ein weiteres Loch in das schon ganz pockennarbige Segel ri?.»Das haben wir von unserer ganzen Anstrengung!«schimpfte er.
Bolitho sah sich um. Der Kampfeswille, das Zielbewu?tsein der Manner schwanden schnell dahin. Und wer konnte es ihnen verdenken? Die Pegaso hatte jede Bewegung der Sandpiper mitgemacht; sie hatte sich keineswegs uberraschen lassen. Sie war aus dem Riffgurtel heraus, und schon sah er die Sabel und Messer in den Handen der Feinde blitzen, die von den Kanonen weg zur Reling rannten, bereit zum Entern. Ihm fiel ein, was Starkie uber das Schicksal seiner Offiziere berichtet hatte: Folter und schlie?lich ein qualvolles Ende.
Er zog seinen Entersabel und brullte:»Alle Mann an Steuerbord!«Unglaubig, verzweifelt und stumpf starrten sie ihn an.
Er sprang in die Luvwanten und schwang seinen Entersabel zur Pegaso hinuber.»Die sollen uns nicht ohne Kampf kriegen!»
Kleine Einzelzuge traten aus dem Gesamtbild heraus. Ein Mann der Sandpiper zog sein Messer und wetzte es an seinem hornigen Handballen, den Blick starr auf die Fregatte gerichtet. Einer kam von Backbord heruber und sah einem anderen in die Augen, wahrscheinlich sein bester, einziger Freund. Kein Wort. Aber seine Miene sprach deutlicher als alle Worte. Eden stand am Niedergang, kalkig wei? im Gesicht, und schon trocknete eines Mannes Blut an seinem Hemd; bald wurde auch sein eigenes Blut dort flie?en und gerinnen. Dancer. Wie Gold glanzte sein Haar in der Sonne, er schob das Kinn vor, nahm einen Entersabel vom Deck hoch und stutzte sich darauf. Mit der anderen Hand kniff er sich wie mit Klauen in den Oberschenkel, damit ihm der Schmerz die Angst vertreibe.
Ein Mann, der schon beim Entern der Brigg verwundet worden war, lehnte an einem Sechspfunder; sein Bein war dick verbunden, aber mit geschaftigen Handen lud er Pistolen und gab sie an die Kameraden weiter.
Ein Geheul wie von einer Hundemeute tonte von dem dichtbemannten Deck der Pegaso heruber, als sie weiter aufkam und die Schatten ihrer Masten und Rahen uber das Wasser hin schon bis zur Brigg reichten, wie um sie einzufangen und zu verschlingen.
Bolitho blinzelte sich den Schwei? aus den Augen. Unglaubig starrte er auf die offenen Stuckpforten der Fregatte. Dort zwangte sich doch ein Mann heraus? Und dann noch einer sie klammerten sich beide an das schwarze Rohr, und auch aus den anderen Stuckpforten krochen Manner wie Ratten aus der Gosse.
Starkie brullte:»Die geben das Schiff auf, Sir!«er fa?te ihn beim Arm und drehte ihn zu den Netzen hin.»Sehen Sie sich das blo? an!»
Wortlos stand Bolitho neben ihm. Immer mehr Manner sprangen aus den Stuckpforten ins Meer und wurden weggewirbelt wie Holzspane im Strudel einer Wassermuhle.
Gauvin, der grimmige Kapitan der Pegaso, mu?te Wachen an jedem Niedergang postiert haben; schon bei der irrsinnigen, aussichtslosen Verfolgung mu?te er gewu?t haben, da? das Leck im Rumpf seines Schiffes todlich war.
Starkie beobachtete, wie sich der Bug der Fregatte unter dem Gewicht der einstromenden Wassermassen senkte, und wie auf dem Oberdeck, als schlie?lich auch der letzte begriff, was los war, ein wahres Pandamonium ausbrach.»Hier, ziehen Sie Ihren Rock an!«sagte er zu Bolitho. Seine Stimme war vor Erregung ganz rauh. Er half ihm sogar beim Anziehen und zupfte den Kragen mit den wei?en Belagen zurecht.
Er deutete zur Pegaso hinuber, die abzudrehen begann, weil die schwache Ruderkraft dem Druck des einstromenden Wassers nicht mehr gewachsen war.
«Er soll Sie sehen und das ist hoffentlich noch eine Extrastrafe fur seine Untaten!»
Bolitho starrte ihn verstandnislos an, da fuhr er fort:»Er soll wissen, da? er von einem Midshipman geschlagen worden ist! Von einem Knaben!»
Bolitho wandte sich ab. Seine Ohren waren voll von den Gerauschen der Selbstvernichtung eines Schiffes, das unter vollen Segeln hilflos herumgeworfen wird. Er horte, wie die Geschutze aus ihren Halterungen gerissen wurden und schmetternd in das Schanzkleid der anderen Seite schlugen; wie die Spieren an Deck sturzten und die kopflose Mannschaft unter Tauwerk und Leinwand begruben.
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